Ich stehe an der Bude an der
Ecke und bin fassungslos. Wir „kennen“ uns seit ca. 10 Jahren. Ufuk betreibt
die Bude seit ich in der Straße wohne und zahllose male haben wir uns „Guten
Morgen“ und „einen schönen Tag noch“ gewünscht.
„Hallo Tim“ werde ich begrüßt.
„Hallo Horst“, sage ich zurück.
„Äh – ich heiße nicht Horst.“
„Ja, und ich nicht Tim.“ Stille.
Ufuk ist Türke, weshalb ich
es zusätzlich irgendwie lustig fand, ihn gerade mit „Horst“ anzusprechen. Verlegen
schaut er mich an und sagt „Ich war mir seit Jahren sicher, dass du Tim heißt“.
„Kein Problem“ sage ich und stelle mich mit „Jan“ vor. Ein entspanntes Aufatmen
und herzliches Lachen. Sich jetzt wirklich mal mit Namen anzusprechen, finde
ich super. Nach 10 Jahren kann man das auch mal machen.
Wenn aus „Dem Mann von der
Bude an der Ecke“ dann „Ufuk“ wird und aus Tim – Jan, dann fängt man doch
langsam an sich für den anderen zu interessieren. Ein Name, keine Funktion.
Eine Person, kein Dienstleister oder Kunde. Nachbarn.
Wie sagt man eigentlich auf
türkisch „Moin, ich wünsche dir einen schönen Tag.“?
Sprecher: Jan Primke
Redaktion: Daniel Schneider
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