Eine Frage des Vertrauens

Kirche in WDR3 | 14.12.2022 | 00:00 Uhr

Guten

Morgen!

Es

gibt Tage, da würde ich sie gern einfach mal abgeben: die Verantwortung für

mein Leben. Einfach mal aus der Hand legen. Mich einer höheren Macht

überlassen, die schon alles gut richten wird in meinem Leben. Es gibt diese

Tage. Gott sei Dank. Ja, richtig: Gott sei Dank, merke ich es noch, wem ich

mein Leben verdanke.

„Befiehl

Gott deine Wege und vertraue auf ihn, er wird’s wohlmachen.“ (Die Bibel, Psalm

37,5) Heißt es in der Bibel in einem Psalm. So manches Mal stehe ich auf meinem

Weg an einem Punkt, wo ich nicht mehr weiter weiß, wo ich das Gefühl habe,

jetzt gibt es nichts mehr, was ich tun, woraufhin ich hoffen kann. Und niemand

weiß mir wirklich Rat zu geben in meiner Not. Vielleicht kommen allerlei

Ratschläge und Geschichten von Erfahrungen anderer – und doch habe ich den

Eindruck, niemand versteht wirklich, wie es mir geht. Und ich bin im Umkreisen

meiner Sorgen wie in mir selbst gefangen. Finde nicht den Blick, der

herausführt. „Befiehl Gott deine Wege“ – das bedeutet: Gott die eigene Zukunft

„anbefehlen“, wie man früher sagte, also: in seine Hände legen. Das ist nicht

leicht. Ich fürchte mich zu sehr vor dem, was kommen könnte. Sich einem anderen

überlassen also… Ich kann nur dann einem anderen etwas Wertvolles wie mein

Leben übergeben, wenn ich ihm vertrauen kann. Dem Nachbarn vertraue ich, dass

er nicht mithilfe meines Schlüssels meine Wohnung ausräumt. Der Lehrerin

vertraue ich mein Kind für den Schulausflug an. Dem Freund meinen tiefsten Kummer,

ohne Furcht, dass er das ausplaudert und ich zum Geschwätz meines Umfelds werde.

Um das Leben nicht auf mich allein gestellt meistern zu müssen und einsam zu

sein oder zu bleiben, muss ich vertrauen lernen, muss ich Vertrauen wagen. Manchmal

müssen wir unser ganzes Leben in die Hände eines anderen legen – eines Arztes

oder eines Piloten oder einer treuen Freundin. Immer bleibt es ein Risiko. Auch

mein Glaube gibt mir keine Sicherheit – schon gar nicht dafür, dass mir Wille

und Wünsche erfüllt werden. Aber glauben heißt darauf zu vertrauen, dass es

Gott gut meint mit mir und meinem Leben. Und dass er einen Weg für mich weiß,

auch wenn andere und ich selbst nichts mehr wissen. Gott wird es „wohlmachen“ –

mit diesem schönen Wort hat Martin Luther den Psalm aus der Bibel übersetzt. Mein

Weg mag anders aussehen, als ich es gern hätte. Aber es ist ein Weg, auf dem

ich nicht alleingelassen bin. Gott wird es wohlmachen. Er weiß wohl auch mehr

davon, was für mich „wohlmachen“ bedeuten mag, als ich selber es weiß. Manche

Freundschaft, die ich einst mit Kummer verloren habe, hatte mir nicht wirklich

gut getan. Mancher Weg, von dem ich dachte, dass Gott ihn für mich will, hat

sich als Fehler, als Selbstüberschätzung erwiesen. Und zum Glück habe ich

manches Lebensziel, das ich mir einst gesetzt habe, nicht erreicht. Sondern

habe mein Glück dann auf dem Weg gefunden, der „notgedrungen“ gegangen werden

musste. „Befiehl Gott deine Wege“ ist ein mutiges und vertrauensvolles

Loslassen, ein Fallenlassen in die Hände eines Größeren.

Ich

kann es wagen, weil ich weiß, dass ich bei ihm in guten Händen bin. Sie tragen

mich auch dann, wenn nichts anderes mehr trägt.

Den

Mut zu vertrauen wünscht uns allen Ihr Pfarrer Michael Opitz aus Düsseldorf.

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/59818_WDR3520221214Opitz.mp3

  • 14.12.2022
  • Michael Opitz
  • © CCO Pixabay
Downloads