Autor: Guten Morgen!
Was heißt eigentlich
glauben? Einfach Ja und Amen sagen zu dem, was mir in der Kirche gesagt wird? In
diesem Sinn bedeutet christlicher Glaube: „Für wahr halten!“ Natürlich hat der
Glaube an Jesus Christus für mich eine besondere, tiefe Wahrheit. Aber Glauben
bedeutet für mich mehr als nur ein bestimmtes historisches Geschehen
anzuerkennen. Ja, unter dem römischen Verwalter Pontius Pilatus hat ein Mensch
mit dem Namen Jesus gelebt. Er hat die Menschen so sehr aufgerüttelt, dass er am
Kreuz wie ein Verbrecher getötet wurde. Und nach seinem Tod, hat er die Welt
verändert. Das ist heute noch spürbar an über zwei Milliarden Menschen, die
sich Christinnen und Christen nennen. (1)
Aber das ist mir
nicht genug. Auf der Suche nach dem, was alles noch im Wort Glauben steckt,
habe ich in ein Herkunftswörterbuch geschaut. (2) In der zweiten Hälfte der
Erklärung steht dort, „Für wahr halten!“ ist nur eine „abgeschwächte Bedeutung“
von „glauben“. Aber was bedeutet das Wort dann hauptsächlich?
Einfach gesagt: Das
Wort „glauben“ hat sich in der Geschichte der deutschen Sprache aus dem Wort „lieben“
entwickelt.
Wer das nicht glaubt,
schaut mal in die englische Sprache, denn die ist mit dem Deutschen eng verwandt.
Das englische Wort für „glauben“ heißt „believe“. Denke ich mir die Vorsilbe
weg, bleibt „[liev]“. So hört sich die Liebe in manchen deutschen Dialekten
an.
Bei uns kommt „Glauben“
also von „Lieben“. Das ist wesentlich mehr als nur „für wahr halten“. Die Liebe
ist eine ganz besondere Wahrheit. In ihr stecken „Sehnsucht, Freude, Gemeinschaft,
Treue und Vertrauen“.
Die beiden letzten Worte
„Treue und Vertrauen“ schwingen mit, wenn ich dem Wort „Glauben“ in den
Sprachen der Bibel auf der Spur bin. Das sind Hebräisch und Griechisch, und in
diesen Sprachen zeigt sich: Ohne Treue und Vertrauen ist auch Liebe nicht
denkbar.
Sprecherin: „Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht; denn Gott ist
Liebe. – Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und
Gott in ihm.“ (3)
Autor: So steht es in der Bibel im 1. Johannesbrief. Der Briefschreiber konnte
noch nicht wissen, wie in der deutschen Sprache Glaube und Liebe
zusammenhängen. Aber er wusste, dass ein Glauben an Gott ohne Liebe nicht
denkbar ist. In der Liebe gehen Gott und Mensch eine tiefe Verbindung ein.
Ohne Liebe ist kein Glaube an Gott möglich. Und das beruht auf
Gegenseitigkeit. In Liebe glaube ich an Gott, und seine Liebe zeigt, dass er
auch an mich glaubt.
Sprecherin: „Das ist mein Gebot, dass ihr
euch untereinander liebt, wie ich euch liebe.“ (4)
Autor: So sagt es Jesus einmal. Die Liebe, die Gott mir schenkt, behalte ich
nicht für mich, sondern ich teile sie mit meinen Mitmenschen. Und dazu gehören
nicht nur die Menschen, die ich mag, sondern auch die, die mich einfach
brauchen, und bestimmt auch die, mit denen ich manchmal meine liebe Not habe.
Weil Gott mich liebt, kann ich Schranken zwischen Menschen überwinden. Daran
glaube ich, und das halte ich voller Liebe zu Gott für wahr.
Ihr Pfarrer Michael
Nitzke aus Dortmund.
Quellen:
(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Länder_nach_christlicher_Bevölkerung (abgerufen am 19.01.2023).
(2) Duden,
Etymologie, Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache, bearb., von Günter
Drosdowski, Paul Grebe u.a., DUDEN Band 7, Mannheim, Wien, Zürich 1963, Seite
225.
(3) Die Bibel. 1.
Johannes-Brief 4,8 u. 16b (Übersetzung: Lutherbibel 2017).
(4) Die Bibel.
Johannes-Evangelium 15,12 (Übersetzung:
Lutherbibel 2017).
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/60527_WDR3520230309Nitzke.mp3