Suchen und Finden

Kirche in WDR3 | 05.04.2022 | 00:00 Uhr

Guten

Morgen,

Kennen Sie

das, wenn man etwas verzweifelt sucht und nicht findet?

Es gibt

Vieles, wonach man suchen kann.

Einen

Schlüssel.

Eine

Telefonnummer.

Ein

weggelaufenes Haustier.

Den Lieblingsschnuller

des Kindes.

Einen

Partner.

Ein

Zuhause.

Geborgenheit.

Glück.

Gesundheit.

Eine

Arbeit.

Nach einer

Lösung.

Nach den richtigen Worten.

Nach

Frieden.

Nicht immer werde ich fündig.

Und alles kann ich vielleicht auch gar nicht

finden.

Manches scheint verloren.

Und manches taucht aus heiterem Himmel wieder

auf. Oft genug an Orten, wo ich gar nicht gesucht hatte.

Das sind ganz häufig die besten Geschichten.

Und wenn ich dann etwas gefunden habe, wonach

ich lange gesucht habe, dann ist das unheimlich erleichternd, ja manchmal

erlösend.

So geht´s mir auch mit meiner Suche nach Gott.

Er begegnet mir oft da, wo ich ihn nicht

erwartet habe. Wo ich nicht nach ihm gesucht habe.

An der gefährlichen Kurve auf meinem Weg zur

Arbeit. Wo ein Holzkreuz an der Landstraße steht, mit einem Vornamen drauf und

einer Jahreszahl. Wo jede Woche frische Blumen hingelegt werden.

Beim Bäcker, wenn die Verkäuferin trotz

langer, langer Warteschlange mit aller Geduld und Liebe die ältere Frau fragt,

wie es denn heute so geht.

Auf meiner Mailbox, wo meine gute Freundin nun

schon zum wiederholten Mal drauf gesprochen hat, dass sie einfach nur ´nen Gruß

dalassen will. Und mir Mut macht, dass wir es bestimmt bald schaffen, uns zu

sehen.

Manchmal finde ich Gott auch erst im

Nachhinein.

Da wird mir erst eine ganze Weile später klar:

Er war da. Er hat mich nicht alleingelassen. Er hat mir einen Menschen an die

Seite gestellt, der mich getröstet hat. Oder hat mir einen Gedanken gegeben,

auf den ich lange nicht kam. Er hat mir Frieden ins Herz gelegt, wo lange kein

Platz dafür war.

Manchmal, da suche ich Gott bis heute.

In mancher Nachrichten-Eilmeldung, die auf dem

Handy aufleuchtet, such ich ihn.

In mancher Lebensgeschichte, die mir als

Seelsorgerin erzählt wird, suche ich nach ihm. Und find ihn nicht.

In der Bibel ist vom Suchen und Finden die

Rede.

An einer Stelle heißt es: Jesus selbst ist

gekommen, um zu suchen und zu finden. Er geht verlorenen Seelen nach. Er rettet

Menschen und Tiere.

Dieser Gedanke tröstet mich ungemein.

Dass Gott sich anrühren lässt von meiner Suche, und

ich ihm nicht egal bin. Dass niemand ihm egal ist.

Dass bei aller Verzweiflung, die in mir in mancher

Suche aufsteigt, und bei allem Unverständnis, das in mir wächst, wenn ich nicht

finde,

und bei jeder Träne, die ich weine ums Verloren

geglaubte

dass bei alledem einer da ist und mit sucht.

Und am Ende auch das festhält, was ich verloren habe.

Denn es gibt vieles, was noch gefunden werden will in

dieser Welt.

Besonders da, wo ich schon verzweifelt die

Suche aufgegeben habe:

Wo mich das Suchen den letzten Nerv gekostet

hat und so manche schlaflose Nacht

Wo mich das Suchen traurig und bitter werden

lässt –

Wo ich mich selbst verloren habe.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie in Ihrem Suchen

und Finden nicht allein sind.

Ihre Pfarrerin Anne Wellmann aus

Tönisvorst.

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/57836_WDR3520220405Wellmann.mp3

  • 5.4.2022
  • Anne Wellmann
  • © Erik Mclean on Unsplash
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