Spirituelles Muskelgedächtnis

Kirche in 1Live | 30.05.2023 | 00:00 Uhr

„Siehste, war doch gar nicht

so schlecht“, sagt Marc am Ende des Probetrainings im Fitnessstudio. Auch, wenn

Paul alles weh tut – recht hat er: Er war selbst überrascht, wie viel er an den

Geräten noch hinbekommt. Trotz mehrjähriger Pause wegen Corona und Studium und

Prüfungen und allgemeiner Faulheit und so. „Das liegt am Muskelgedächtnis“,

sagt Marc und erklärt weiter: Dieses Muskelgedächtnis ist der Grund dafür, dass

man Fahrradfahren nicht verlernt. Und andere Sachen auch nicht. Der Körper

speichert die Erinnerungen ab und kann sie bei Bedarf abrufen. Deswegen fängt

man bei so gut wie gar nichts bei Null an – das erleichtert den Wiedereinstieg.

Vielleicht gibt

es sogar so eine Art spirituelles Muskelgedächtnis. Das denkt Paul einige Zeit

später, bei der Beerdigung seines Nachbarn. Als Kind war Paul viel in der

Kirche: Kindergottesdienst, Jugendgruppe, Konfi-Unterricht, das ganze Programm.

Doch dann ist der Kontakt abgebrochen.

Doch bei der Beerdigung des

Nachbarn, da hat er es bemerkt, dieses spirituelle Muskelgedächtnis: Paul kann

nicht mehr sagen, wann er das letzte Mal gebetet habe. Aber als die Pfarrerin

vorne anfing: „Vater unser…“, da war auf einmal alles wieder da. Die Worte –

und irgendwie auch das Gefühl, das in diesen Worten wohnt. Es war gut, sich da

reinfallen lassen zu können. Und Paul freut sich über dieses spirituelle

Muskelgedächtnis. Vielleicht reaktiviere er sein Glaubensleben ja irgendwann

mal wie die Fitnessstudio-Mitgliedschaft. Dann fängt er auf jeden Fall nicht

bei null an.

Sprecher: Jan Primke

Redaktion: Daniel Schneider

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/61161_1Live20230530Pyka.mp3

  • 30.5.2023
  • Holger Pyka
  • © CCO Pixabay
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