„Siehste, war doch gar nicht
so schlecht“, sagt Marc am Ende des Probetrainings im Fitnessstudio. Auch, wenn
Paul alles weh tut – recht hat er: Er war selbst überrascht, wie viel er an den
Geräten noch hinbekommt. Trotz mehrjähriger Pause wegen Corona und Studium und
Prüfungen und allgemeiner Faulheit und so. „Das liegt am Muskelgedächtnis“,
sagt Marc und erklärt weiter: Dieses Muskelgedächtnis ist der Grund dafür, dass
man Fahrradfahren nicht verlernt. Und andere Sachen auch nicht. Der Körper
speichert die Erinnerungen ab und kann sie bei Bedarf abrufen. Deswegen fängt
man bei so gut wie gar nichts bei Null an – das erleichtert den Wiedereinstieg.
Vielleicht gibt
es sogar so eine Art spirituelles Muskelgedächtnis. Das denkt Paul einige Zeit
später, bei der Beerdigung seines Nachbarn. Als Kind war Paul viel in der
Kirche: Kindergottesdienst, Jugendgruppe, Konfi-Unterricht, das ganze Programm.
Doch dann ist der Kontakt abgebrochen.
Doch bei der Beerdigung des
Nachbarn, da hat er es bemerkt, dieses spirituelle Muskelgedächtnis: Paul kann
nicht mehr sagen, wann er das letzte Mal gebetet habe. Aber als die Pfarrerin
vorne anfing: „Vater unser…“, da war auf einmal alles wieder da. Die Worte –
und irgendwie auch das Gefühl, das in diesen Worten wohnt. Es war gut, sich da
reinfallen lassen zu können. Und Paul freut sich über dieses spirituelle
Muskelgedächtnis. Vielleicht reaktiviere er sein Glaubensleben ja irgendwann
mal wie die Fitnessstudio-Mitgliedschaft. Dann fängt er auf jeden Fall nicht
bei null an.
Sprecher: Jan Primke
Redaktion: Daniel Schneider
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