"O Heiland reiß die Himmel auf" eg 07

Choralandacht | 03.12.2022 | 00:00 Uhr

Musik 1: Choralvorspiel

Titel: O Heiland, reiß die Himmel auf

(für Violine und Orgel); Text: Friedrich Spee; Melodie: traditional;

Interpreten: Christine Busch (Violine) und Kay Johannsen (Orgel); Label: Carus;

LC: 03989

Autor (overvoice): Es gibt Melodien, die mich sofort in eine bestimmte Zeit ziehen, an

einen Tag oder einen Moment erinnern; Melodien, die sofort eine bestimmte

Stimmung aufkommen lassen.

Musik 2: Choral 1. Strophe

Titel: O Heiland, reiß die

Himmel auf; Text: Friedrich Spee; Melodie: Johannes Brahms; Interpreten: NDR-Chor;

Leitung: Philipp Ahmann; Label: ES-DUR; LC: 07186

Overvoice-Sprecher(in): O Heiland, reiß die Himmel auf, herab, herab vom

Himmel lauf, reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab, wo Schloss und Riegel

für.

Autor: Dieser

Choral ist so ein Lied. Sofort bin ich im Advent; rieche Lebkuchen und schmecke

Zimt und Nelken ganz tief in meiner Erinnerung.

Heute ist der Advent bei

vielen aus dem Alltag verschwunden. Viele haben sie aber noch, die vage

Erinnerung an die Adventszeit, wenn sie am Sonntag zum Frühstück eine Kerze anzünden.

Oft auf einem Adventskranz, der das Grün der Tannenzweige unter Unmengen

glitzernder und blinkender Deko nur noch erahnen lässt. Oder beim Öffnen der

Türchen am Adventskalender.

Andererseits: In den

Fußgängerzonen und den Schaufenstern ist keine Zeit für den Advent. Hier

leuchten schon seit Mitte November die Beleuchtungen der Christbäume, Sterne

strahlen und „O du fröhliche“ dudelt aus den Lautsprechern.

Von den Lebkuchen, die seit

Mitte August im Supermarkt stehen, fange ich erst gar nicht an. Ich esse sie ja

gerne, die Lebkuchen, auch im August.

Aber: Wo ist er hin der

Advent?

Musik 3: Choral 2.

Strophe.

Titel: O Heiland, reiß die

Himmel auf; Text: Friedrich Spee; Melodie: Walter Rein; Interpreten: Ensemble

Amarcord; Label: Apollon Classics; LC: 10940

Overvoice-Sprecher(in): O Gott, ein‘ Tau vom Himmel gieß, im Tau herab, o

Heiland, fließ. Ihr Wolken, brecht und regnet aus den König über Jakobs Haus.

Autor: Mit

geht es da als Pfarrer oft nicht anders als den meisten Menschen. Weihnachten,

das große Fest, ist so gewichtig, so viel ist vorzubereiten, zu organisieren

und zu planen. Der Advent ist da meist schon rum, bevor ich gemerkt habe, dass

er da ist. Und dabei ist er so wichtig. Gerade als Zeit der Vorbereitung. Wenn ich

einen hohen und wichtigen Gast erwarte, brauche ich die Zeit, mich

vorzubereiten. Und welcher Gast kann höher und wichtiger sein als Gott selbst?

In Jesus Christus kommt Gott auf die Welt. Er kommt zu uns Menschen. Das feiern

wir an Weihnachten. Darauf muss ich mich vorbereiten. Wie gut, dass es den

Advent gibt.

Musik 3: Choral 4.

Strophe.

Overvoice-Sprecher(in): Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, darauf sie all

ihr Hoffnung stellt? O komm, ach komm vom höchsten Saal, komm, tröst uns hier

im Jammertal.

Autor: Der

Lehrer und Jesuitenpater Friedrich Spee von Langenfeld hat diesen adventlichen

Choral 1622 in Mainz verfasst. „O Heiland, reiß die Himmel auf.“ An Weihnachten

steht der Himmel offen und Jesus, der Heiland, kommt zu uns in die Welt. „Ihr

Wolken, brecht und regnet aus den König über Jakobs Haus.“ Der König der Juden,

der erwartete Messias, Jesus Christus, wird geboren. Ein hoher Gast, der

höchste überhaupt. Auf diesen Besuch möchte ich mich vorbereiten, ja, muss ich

mich vorbereiten. Advent bedeutet Ankunft; die Ankunft Jesu in der Welt. Und

ich erwarte ihn. „O komm, ach komm vom höchsten Saal, komm, tröst uns hier im

Jammertal.“ Jesus, der Heiland, wird nicht nur erwartet, er wird gebraucht.

Hier im Jammertal, auf der Welt, gibt es so viel Ungerechtigkeit, so viel Leid,

so viel Angst und Jammer. Hier kommt einer, der Trost und Hoffnung bringt.

Musik 3: Choral 5.

Strophe.

Overvoice-Sprecher(in): O klare Sonn, du schöner Stern, dich wollten wir

anschauen gern; o Sonn, geh auf, ohn deinen Schein in Finsternis wir alle sein.

Autor: Die

Dunkelheit der Welt merke ich aktuell ganz besonders. Die Tage im Dezember sind

gerade einmal 8 Stunden lang. Der Advent ist die dunkelste Zeit im Jahr. Aber

so wird es nicht bleiben. Kurz vor Weihnachten, am 21. Dezember, ist der Tag am

kürzesten. Und dann kommt sie wieder, mehr und mehr: „O klare Sonn, du schöner

Stern, dich wollten wir anschauen gern.“ Die Tage werden wieder länger. Die

klare Sonne scheint, jeden Tag mehr. Das Licht der Welt, Jesus Christus, ist

da. „O Sonn, geh auf, ohn deinen Schein in Finsternis wir alle sein.“ Es ist

kein Zufall, dass das Weihnachtsfest und astronomische Ereignis der

Wintersonnenwende zusammenfallen. Mit Jesus ist das Licht der Welt geboren.

Musik 2: Choral 7. Strophe

Overvoice-Sprecher(in): Da wollen wir all danken dir, unserm Erlöser, für und

für; da wollen wir all loben dich zu aller Zeit und ewiglich.

Autor: Mit

Gästen ist es ja so eine Sache. Gute Freunde lade ich gerne ein. Bei

Familienfesten ist vielleicht der ein oder die andere dabei, den ich nur aus

Pflichtgefühl einlade, einfach weil er oder sie eben dazugehört. Wie ist das an

Weihnachten? Lade ich Jesus ein, weil ich ein großes Fest mit ihm feiern will?

Oder weil er irgendwie zu Weihnachten dazugehört? Nutze ich den Advent und

bereite mich auf den Besuch vor? Oder bin ich froh, wenn er schnell wieder weg

ist? Der Advent, die Zeit der Vorbereitung, geht vom ersten Adventssonntag bis

zum Heiligen Abend. Jede Woche erinnert mich eine Kerze mehr auf dem Adventskranz

daran, dass es bald wieder heller wird. Die Weihnachtszeit, das große Fest,

beginnt dann am 25. Dezember. Eigentlich reicht diese Festzeit bis zum Fest

Lichtmess am 2. Februar. Aber wieviel ist noch übrig von Weihnachten im

Februar? Freue ich mich, dass der Gast noch da ist? Oder bin ich froh, wenn bis

Silvester das gute Geschirr wieder im Schrank ist und Lichterketten und Sterne

wieder in ihren Kisten im Keller schlummern? Vielleicht ist der Advent eine

Chance. Wenn ich ihn wieder als Vorbereitungszeit verstehe und das Fest erst zu

seiner Zeit beginnen lasse, dann kann ich auch das Fest selbst wieder richtig

genießen, den Gast willkommen heißen und ausgelassen feiern. Die Vorfreude

möchte ich mir nicht nehmen lassen. Morgen brennt erst die zweite Kerze.

Musik 1: Nachspiel Violine + Orgel.

Quellen:

Thust, Karl Christian: Die

Lieder des Evangelischen Gesangbuchs. Band I: Kirchenjahr und Gottesdienst (EG

1–269). Kommentar zu Entstehung, Text und Musik. Kassel 2012. Art. 7 O Heiland,

reiß die Himmel auf. S. 18–20.

Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth

  • 3.12.2022
  • Oliver J. Mahn
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