Musik 1: Choralvorspiel
Titel: O Heiland, reiß die Himmel auf
(für Violine und Orgel); Text: Friedrich Spee; Melodie: traditional;
Interpreten: Christine Busch (Violine) und Kay Johannsen (Orgel); Label: Carus;
LC: 03989
Autor (overvoice): Es gibt Melodien, die mich sofort in eine bestimmte Zeit ziehen, an
einen Tag oder einen Moment erinnern; Melodien, die sofort eine bestimmte
Stimmung aufkommen lassen.
Musik 2: Choral 1. Strophe
Titel: O Heiland, reiß die
Himmel auf; Text: Friedrich Spee; Melodie: Johannes Brahms; Interpreten: NDR-Chor;
Leitung: Philipp Ahmann; Label: ES-DUR; LC: 07186
Overvoice-Sprecher(in): O Heiland, reiß die Himmel auf, herab, herab vom
Himmel lauf, reiß ab vom Himmel Tor und Tür, reiß ab, wo Schloss und Riegel
für.
Autor: Dieser
Choral ist so ein Lied. Sofort bin ich im Advent; rieche Lebkuchen und schmecke
Zimt und Nelken ganz tief in meiner Erinnerung.
Heute ist der Advent bei
vielen aus dem Alltag verschwunden. Viele haben sie aber noch, die vage
Erinnerung an die Adventszeit, wenn sie am Sonntag zum Frühstück eine Kerze anzünden.
Oft auf einem Adventskranz, der das Grün der Tannenzweige unter Unmengen
glitzernder und blinkender Deko nur noch erahnen lässt. Oder beim Öffnen der
Türchen am Adventskalender.
Andererseits: In den
Fußgängerzonen und den Schaufenstern ist keine Zeit für den Advent. Hier
leuchten schon seit Mitte November die Beleuchtungen der Christbäume, Sterne
strahlen und „O du fröhliche“ dudelt aus den Lautsprechern.
Von den Lebkuchen, die seit
Mitte August im Supermarkt stehen, fange ich erst gar nicht an. Ich esse sie ja
gerne, die Lebkuchen, auch im August.
Aber: Wo ist er hin der
Advent?
Musik 3: Choral 2.
Strophe.
Titel: O Heiland, reiß die
Himmel auf; Text: Friedrich Spee; Melodie: Walter Rein; Interpreten: Ensemble
Amarcord; Label: Apollon Classics; LC: 10940
Overvoice-Sprecher(in): O Gott, ein‘ Tau vom Himmel gieß, im Tau herab, o
Heiland, fließ. Ihr Wolken, brecht und regnet aus den König über Jakobs Haus.
Autor: Mit
geht es da als Pfarrer oft nicht anders als den meisten Menschen. Weihnachten,
das große Fest, ist so gewichtig, so viel ist vorzubereiten, zu organisieren
und zu planen. Der Advent ist da meist schon rum, bevor ich gemerkt habe, dass
er da ist. Und dabei ist er so wichtig. Gerade als Zeit der Vorbereitung. Wenn ich
einen hohen und wichtigen Gast erwarte, brauche ich die Zeit, mich
vorzubereiten. Und welcher Gast kann höher und wichtiger sein als Gott selbst?
In Jesus Christus kommt Gott auf die Welt. Er kommt zu uns Menschen. Das feiern
wir an Weihnachten. Darauf muss ich mich vorbereiten. Wie gut, dass es den
Advent gibt.
Musik 3: Choral 4.
Strophe.
Overvoice-Sprecher(in): Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, darauf sie all
ihr Hoffnung stellt? O komm, ach komm vom höchsten Saal, komm, tröst uns hier
im Jammertal.
Autor: Der
Lehrer und Jesuitenpater Friedrich Spee von Langenfeld hat diesen adventlichen
Choral 1622 in Mainz verfasst. „O Heiland, reiß die Himmel auf.“ An Weihnachten
steht der Himmel offen und Jesus, der Heiland, kommt zu uns in die Welt. „Ihr
Wolken, brecht und regnet aus den König über Jakobs Haus.“ Der König der Juden,
der erwartete Messias, Jesus Christus, wird geboren. Ein hoher Gast, der
höchste überhaupt. Auf diesen Besuch möchte ich mich vorbereiten, ja, muss ich
mich vorbereiten. Advent bedeutet Ankunft; die Ankunft Jesu in der Welt. Und
ich erwarte ihn. „O komm, ach komm vom höchsten Saal, komm, tröst uns hier im
Jammertal.“ Jesus, der Heiland, wird nicht nur erwartet, er wird gebraucht.
Hier im Jammertal, auf der Welt, gibt es so viel Ungerechtigkeit, so viel Leid,
so viel Angst und Jammer. Hier kommt einer, der Trost und Hoffnung bringt.
Musik 3: Choral 5.
Strophe.
Overvoice-Sprecher(in): O klare Sonn, du schöner Stern, dich wollten wir
anschauen gern; o Sonn, geh auf, ohn deinen Schein in Finsternis wir alle sein.
Autor: Die
Dunkelheit der Welt merke ich aktuell ganz besonders. Die Tage im Dezember sind
gerade einmal 8 Stunden lang. Der Advent ist die dunkelste Zeit im Jahr. Aber
so wird es nicht bleiben. Kurz vor Weihnachten, am 21. Dezember, ist der Tag am
kürzesten. Und dann kommt sie wieder, mehr und mehr: „O klare Sonn, du schöner
Stern, dich wollten wir anschauen gern.“ Die Tage werden wieder länger. Die
klare Sonne scheint, jeden Tag mehr. Das Licht der Welt, Jesus Christus, ist
da. „O Sonn, geh auf, ohn deinen Schein in Finsternis wir alle sein.“ Es ist
kein Zufall, dass das Weihnachtsfest und astronomische Ereignis der
Wintersonnenwende zusammenfallen. Mit Jesus ist das Licht der Welt geboren.
Musik 2: Choral 7. Strophe
Overvoice-Sprecher(in): Da wollen wir all danken dir, unserm Erlöser, für und
für; da wollen wir all loben dich zu aller Zeit und ewiglich.
Autor: Mit
Gästen ist es ja so eine Sache. Gute Freunde lade ich gerne ein. Bei
Familienfesten ist vielleicht der ein oder die andere dabei, den ich nur aus
Pflichtgefühl einlade, einfach weil er oder sie eben dazugehört. Wie ist das an
Weihnachten? Lade ich Jesus ein, weil ich ein großes Fest mit ihm feiern will?
Oder weil er irgendwie zu Weihnachten dazugehört? Nutze ich den Advent und
bereite mich auf den Besuch vor? Oder bin ich froh, wenn er schnell wieder weg
ist? Der Advent, die Zeit der Vorbereitung, geht vom ersten Adventssonntag bis
zum Heiligen Abend. Jede Woche erinnert mich eine Kerze mehr auf dem Adventskranz
daran, dass es bald wieder heller wird. Die Weihnachtszeit, das große Fest,
beginnt dann am 25. Dezember. Eigentlich reicht diese Festzeit bis zum Fest
Lichtmess am 2. Februar. Aber wieviel ist noch übrig von Weihnachten im
Februar? Freue ich mich, dass der Gast noch da ist? Oder bin ich froh, wenn bis
Silvester das gute Geschirr wieder im Schrank ist und Lichterketten und Sterne
wieder in ihren Kisten im Keller schlummern? Vielleicht ist der Advent eine
Chance. Wenn ich ihn wieder als Vorbereitungszeit verstehe und das Fest erst zu
seiner Zeit beginnen lasse, dann kann ich auch das Fest selbst wieder richtig
genießen, den Gast willkommen heißen und ausgelassen feiern. Die Vorfreude
möchte ich mir nicht nehmen lassen. Morgen brennt erst die zweite Kerze.
Musik 1: Nachspiel Violine + Orgel.
Quellen:
Thust, Karl Christian: Die
Lieder des Evangelischen Gesangbuchs. Band I: Kirchenjahr und Gottesdienst (EG
1–269). Kommentar zu Entstehung, Text und Musik. Kassel 2012. Art. 7 O Heiland,
reiß die Himmel auf. S. 18–20.
Redaktion: Landespfarrer Dr. Titus Reinmuth