Ich
besuche meine Freundin in ihrem Schrebergarten, ein kleines „Paradies“. Und
lausche ihren Ausführungen. Auch jetzt im August kann man noch Einiges gut
pflanzen: Feldsalat zum Beispiel, Zwiebeln, Radieschen,
sogar Rhabarber.
Und das ist das Drei
Schwestern Beet“, sagt sie. Gibt es schon seit Urzeiten. Mais, Bohnen und
Kürbis werden ganz nah beieinander angebaut. „Warum Drei Schwestern Beet“,
fragen Sie?
Ganz einfach: Der Mais dient
als Kletterstange für die Bohnen. Die Bohnen wiederum düngen den Boden mit
Stickstoff. Und der Kürbis mit seinen großen Blättern hält die Feuchtigkeit am
Boden und zugleich die Schädlinge ab.
So komplex – so simpel – so
funktioniert Leben. Einer für den anderen und alle profitieren. Die Methode
heißt übrigens auch „Indianerbeet“. Auch das habe ich gelernt. Die Ureinwohner
Nordamerikas haben diese Pflanzkultur entwickelt.
Die Bewahrung der Schöpfung
ist ein Kernanliegen fast aller Religionen. Und gerade die sogenannten „Naturreligionen“,
also die, die sehr nah und im Einklang mit der Natur leben, haben sich dieses
Wissen bewahrt. Ein Wissen, von dem wir heute ehrfürchtig lernen können: Die
Natur bietet alles, was das Leben braucht. Ich muss nur lernen, genauer
hinzuschauen. Und ich kann staunend erleben, wie sich die Dinge sinnvoll
zusammenfügen.
Im Paradies meiner Freundin
lerne ich, wie sich Erdbeeren und Zwiebeln unterstützen. Dass Kapuzinerkresse
neben Kartoffeln Ungeziefer fernhält. Das lehrt aber auch: Da, wo wir
Zusammenhänge lösen, wie in unseren großen Monokulturen, da mag das Leben für
einen Augenblick effektiver werden, ertragreicher. Aber auf Dauer ist es das
nicht. Eher das Gegenteil.
„Seht die Blumen auf dem
Felde“, sagt Jesus in der Bergpredigt (Matthäus 6). „Seht, wie die Blumen
wachsen, sie arbeiten nicht, und der himmlische Vater ernährt sie doch“. Komischer
Satz. Blumen arbeiten nicht – oder doch? Im Paradies meiner Freundin – Bohnen,
Mais und Kürbis vor Augen – wird mir klar, was Jesus sagen will: Dass das Leben
gedeiht, manchmal sogar wie von selbst, wenn wir der Schöpfung ihren Raum
geben. Nur so können Pflanzen, Menschen und Tiere sich gegenseitig unterstützen
mit dem, was sie können. Wofür sie gut sind und was anderen hilft, zu
überleben.
Darum geht`s. Räume zu pflegen
und zu kultivieren, wo das Leben sich gegenseitig bestärkt, ergänzt, beschützt.
Wie im „Drei Schwestern Beet“ Mais, Bohnen und Kürbis.
Ok, ich habe jetzt selbst
kein eigenes Gartenparadies. Aber ich kann darüber nachdenken, wo ich
sinnvoll wirken kann. Ich kann zum Beispiel Menschen zusammenbringen, also
miteinander verbinden, die sich gegenseitig unterstützen. Sei es Freundinnen
und Freunde, Familienangehörige, Kolleginnen und Kollegen, Nachbarn. Und mache
somit das Leben schöner und fruchtbarer. So verstehe ich den Auftrag, die
Schöpfung zu bewahren.
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius
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