„Hey Schwesterherz, kannst du mich heute Abend von einer Party
abholen?“
Die Nachricht kommt von meinem Bruder. Zwei Herzchen Emojis und bittende
Hände sind auch mit dabei.
Ich verdrehe die Augen. In der Nacht aufstehen, um durch die
Gegend zu fahren, macht keinen Spaß. Wahrscheinlich soll ich zusätzlich noch
seine besten Kumpels nach Hause bringen und muss vorher den Wagen freikratzen.
Alles zusammen dauert mindestens eine Stunde. Aber ich mag meinen Bruder. Und
ich habe Zeit. Ich bin unschlüssig. Mein Handy summt wieder. Nächste Nachricht:
„Du kennst doch Goethe, oder nicht?“ Was soll das denn jetzt?
Wieder eine Nachricht: „Goethe sagte: Wer nichts für andere tut,
tut auch nichts für sich.“ Ich muss lachen. „Da hat sich wohl jemand
vorbereitet“, texte ich zurück. „Klar“ und dann noch ein Smiley. Ich schicke
einen Daumen hoch und schreibe: „Sag mir wann und wo.“ Und dann noch: „Da
kannst du Goethe aber dankbar sein.“ Der große Dichter hat Recht. Es kann sogar
Spaß machen, Leuten einen Gefallen zu tun. Zum Beispiel, wenn der Bruder noch
eine Nachricht schreibt: „Danke! Die nächste Runde beim Italiener geht auf
mich!“ Herzchen-Emoji …
Sprecherin: Lisa Kielbassa
Redaktion: Daniel Schneider
https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/57262_1Live20220126Siebold.mp3