Autorin: Pskow ist eine Stadt im äußersten Westen Russlands.
Im II. WK hat Pskow besonders stark unter den Angriffen der Deutschen gelitten.
Deshalb ist eine Delegation der rheinischen Kirche 1991 – genau 50 Jahre später
– nach Pskow gefahren. Mit dabei Klaus Eberl, damals Pfarrer in Wassenberg.
O-Ton: Und ich gehörte zur Delegation und sagte; es muss am Ende auch
was für die Menschen dabei rumkommen.“ Und so entstand die Idee in der Stadt
ein heilpädagogisches Zentrum zu bauen, weil die Situation
behinderter Menschen in der russischen Gesellschaft damals und eigentlich bis
heute wirklich nicht gut ist.
Autorin: Heute gilt Pskow als Referenzeinrichtung. Rund 700
Menschen mit Behinderung leben oder arbeiten im Zentrum. Es gibt Tagesstätten
für Kinder, Schulen und Beratung für Eltern. Bis heute wird das Projekt aus
Deutschland ehrenamtlich unterstützt. Den Großteil der Kosten trägt
mittlerweile der russische Staat.
O-Ton: Also wenn man sagen möchte „Versöhnung muss
in kleinen Buchstaben buchstabiert werden“, dann ist das da wirklich gelungen.
Autorin: Versöhnung
geschieht. Sie ist möglich, aber nicht planbar. Das hat sich schon ganz zu
Anfang gezeigt. Nach einem Besuch in Pskow kam es zu einem Gegenbesuch, bei dem
ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert wurde.
O-Ton: Volle Kirche 500 Menschen und nach der Predigt stand jemand auf. ging nach vorne und
nahm sich das Mikrofon. Und er
zog ein Foto aus der Tasche und sagte: Ich war deutscher Soldat in Pskow. Und
ich hab` mein Leben lang auf eine Gelegenheit gewartet, um um Vergebung zu
bitten. Dann war es mucksmäuschenstill und der orthodoxe Priester stand auf und
segnete ihn.
Autorin: Am Tag
darauf beschloss die Kirchengemeinde die Trägerschaft des heilpädagogischen
Zentrums zu übernehmen. Es folgten unzählige Begegnungen, gegenseitige Besuche,
auch Workcamps für Jugendliche, die sich im Wechsel in Deutschland und Russland
trafen.
O-Ton: Wir haben z.B. dann auf dem Gelände des heilpädagogischen Zentrums einen
unterirdischen Bunker aus dem 2. Weltkrieg ausgegraben und haben daraus ein
Gemüse- und Kartoffellager für das heilpädagogische Zentrum gemacht.
Autorin: Versöhnung, so
versteht es Klaus Eberl, hieß, dass russische und deutsche engagierte Menschen
gemeinsam das gemacht haben, was sie für richtig empfunden haben. Heute
bereiten der Krieg in der Ukraine und seine Folgen Klaus Eberl große Sorge.
O-Ton: Wenn so etwas passiert, denkt man ja
unweigerlich; war das jetzt vergeblich? Nee, was da entstanden ist, das
bleibt. Das heißt die Situation behinderter Menschen in Russland wird eine
andere bleiben. Das ist bei aller Sorge dann doch ein gutes Gefühl.
Redaktion: Pastorin Sabine
Steinwender-Schnitzius
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