Versöhnung - die Initiative Pskow

Kirche in WDR2 | 26.03.2022 | 00:00 Uhr

Autorin: Pskow ist eine Stadt im äußersten Westen Russlands.

Im II. WK hat Pskow besonders stark unter den Angriffen der Deutschen gelitten.

Deshalb ist eine Delegation der rheinischen Kirche 1991 – genau 50 Jahre später

– nach Pskow gefahren. Mit dabei Klaus Eberl, damals Pfarrer in Wassenberg.

O-Ton: Und ich gehörte zur Delegation und sagte; es muss am Ende auch

was für die Menschen dabei rumkommen.“ Und so entstand die Idee in der Stadt

ein heilpädagogisches Zentrum zu bauen, weil die Situation

behinderter Menschen in der russischen Gesellschaft damals und eigentlich bis

heute wirklich nicht gut ist.

Autorin: Heute gilt Pskow als Referenzeinrichtung. Rund 700

Menschen mit Behinderung leben oder arbeiten im Zentrum. Es gibt Tagesstätten

für Kinder, Schulen und Beratung für Eltern. Bis heute wird das Projekt aus

Deutschland ehrenamtlich unterstützt. Den Großteil der Kosten trägt

mittlerweile der russische Staat.

O-Ton: Also wenn man sagen möchte „Versöhnung muss

in kleinen Buchstaben buchstabiert werden“, dann ist das da wirklich gelungen.

Autorin: Versöhnung

geschieht. Sie ist möglich, aber nicht planbar. Das hat sich schon ganz zu

Anfang gezeigt. Nach einem Besuch in Pskow kam es zu einem Gegenbesuch, bei dem

ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert wurde.

O-Ton: Volle Kirche 500 Menschen und nach der Predigt stand jemand auf. ging nach vorne und

nahm sich das Mikrofon. Und er

zog ein Foto aus der Tasche und sagte: Ich war deutscher Soldat in Pskow. Und

ich hab` mein Leben lang auf eine Gelegenheit gewartet, um um Vergebung zu

bitten. Dann war es mucksmäuschenstill und der orthodoxe Priester stand auf und

segnete ihn.

Autorin: Am Tag

darauf beschloss die Kirchengemeinde die Trägerschaft des heilpädagogischen

Zentrums zu übernehmen. Es folgten unzählige Begegnungen, gegenseitige Besuche,

auch Workcamps für Jugendliche, die sich im Wechsel in Deutschland und Russland

trafen.

O-Ton: Wir haben z.B. dann auf dem Gelände des heilpädagogischen Zentrums einen

unterirdischen Bunker aus dem 2. Weltkrieg ausgegraben und haben daraus ein

Gemüse- und Kartoffellager für das heilpädagogische Zentrum gemacht.

Autorin: Versöhnung, so

versteht es Klaus Eberl, hieß, dass russische und deutsche engagierte Menschen

gemeinsam das gemacht haben, was sie für richtig empfunden haben. Heute

bereiten der Krieg in der Ukraine und seine Folgen Klaus Eberl große Sorge.

O-Ton: Wenn so etwas passiert, denkt man ja

unweigerlich; war das jetzt vergeblich? Nee, was da entstanden ist, das

bleibt. Das heißt die Situation behinderter Menschen in Russland wird eine

andere bleiben. Das ist bei aller Sorge dann doch ein gutes Gefühl.

Redaktion: Pastorin Sabine

Steinwender-Schnitzius

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  • 26.3.2022
  • Beate Raguse-Dörr
  • (Kirche im WDR)
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