Wertschätzung

Kirche in WDR2 | 21.10.2022 | 00:00 Uhr

«Kannst du nicht einmal

anerkennen, was ich hier mit den Kindern leiste?«, fragt Anja ihren Mann.

«Kannst du nicht einmal ein

bisschen Wertschätzung zeigen, wie ich mich in der Firma abrackere, damit wir

hier gut klarkommen?» fragt Stefan Anja.

«Kann meine Chefin nicht

einmal zeigen, dass sie merkt, wie wichtig meine Arbeit für das Team ist?»,

fragt Stefan seinen Bruder.

«Kann Stefan nicht einmal

anerkennen, wie familienfreundlich unser Betrieb durch meine Impulse geworden

ist», fragt seine Chefin ihren Assistenten.

«Können unsere Pfarrer nicht einmal

mehr zum Ausdruck bringen, wie wichtig wir Ehrenamtlichen sind?», beschweren

sich Anja und die Anderen.

Ständig und überall höre ich

es: Menschen wollen mehr Wertschätzung und Anerkennung für das, was sie

leisten. Ob in in der Familie, in der Partnerschaft, im Ehrenamt oder im Beruf.

An so vielen Stellen scheint das kleine oder große «Danke, dass du das machst, toll

das du dich so einsetzt», zu fehlen. Es ist kein alleiniges Phänomen der

Sozialen Medien, dass Menschen sich nach Bestätigung, nach dem Daumen hoch, den

Likes sehnen. Die Zeiten, in denen Menschen einfach gearbeitet haben und

selbstverständlich Leistung erbracht haben, sind vorbei. Und: Ich finde das gut

so. Das Bedürfnis gesehen und wahrgenommen zu werden, ist berechtigt. Und

manchmal muss man die Rückmeldung oder Bestätigung, die man braucht, einfordern.

Wir Menschen sind einfach soziale Wesen und vieles können wir uns nicht selber

geben oder sagen. Mit Fishing for compliments hat das nichts zu tun, sondern ist

vielmehr Ausdruck von Teamwork. Im Team ist es wichtig, wirklich jeden Beitrag Wert

zu schätzen, weil er Ausdruck für das Engagement für die gemeinsame Sache ist. Fehlt

diese Anerkennung – beruflich oder privat – leiden die Beziehungen.

Und doch bleibt Wertschätzung

für mich immer nur Stückwerk. Manche Menschen bleiben hungrig, egal, wie viel

Wertschätzung sie bekommen. Das ist tragisch und gleichzeitig haben sie damit unbewusst

Recht. Denn Wertschätzung ist nicht Liebe oder Freundschaft. Wertschätzung

bewertet, guckt auf Leistung, misst die Arbeit. Aber wir Menschen sind mehr als

das. Unser Wert ist nicht nur von unserer Leistung abhängig. Wir sind mehr, als

wir uns verdienen können. Wenn die Wertschätzung nicht reicht oder wir einfach

nichts Wertvolles beizutragen haben, dann ist es Zeit für was anderes: Für ein ganz

einfaches und schlichtes: «Schön, dass du da bist.» (vgl Lehrtext 21.10.22 Lk

15, 21-22 Verlorener Sohn)

Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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  • 21.10.2022
  • Katrin Berger
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