Ich bin im Fitnessstudio. Stresshormone abbauen. Ich
konzentriere mich auf die Bewegungen, bis ich im Gespräch der anderen Frauen
das Wort „Geschenke“ höre. „Unser Sohn brauchte das Rad schon am Anfang des
Schuljahres. Sechs Wochen vor seinem Geburtstag. Da haben wir eins gemeinsam ausgesucht
und ihm auch geschenkt“. Unsere Trainerin sagt: „Das ist jetzt anscheinend so.
Man geht gemeinsam Geschenke kaufen. Auch für Weihnachten.“ „Ja“, sagt eine
andere. „Die Jugendlichen in meiner Klasse wissen alle schon, was sie
bekommen.“ Unsere Trainerin guckt mich an: „Du bist doch hier die Expertin! So
richtig weihnachtlich ist das doch nicht, wenn man vorher schon weiß, was man
zu Weihnachten bekommt, oder?“
„Ja, also,“ sag ich, „Geschenke haben ja mit
Weihnachten erstmal gar nichts zu tun.“ Und fühle mich sofort wie die größte
Spaßbremse aller Zeiten. Unsere Trainerin guckt mich an, als ob ich da
vielleicht noch mehr zu sagen wollte. Es rattert durch meinen Kopf. Jesus hat
ja auch Geschenke bekommen und zwar ausgerechnet Geld und Parfum von den
königlichen Magiern. Stattdessen sage ich: „Also an Weihnachten schenkt Gott
sich ja selbst.“ Viel besser als meinen ersten Satz finde ich den nun auch
nicht, aber sie nickt. „Ja, Zeit miteinander und füreinander, das ist doch das
Wichtigste!“ Mein Humor meldet sich und es frotzelt liebevoll aus mir heraus: „So
denken aber nur wir alten Menschen.“ Wir lachen und wechseln die Geräte. Eine
sagt: „Aber mit einem richtig guten Geschenk schenke ich mich doch auch mit.
Mit der Zeit, die ich mir genommen hab`, es auszusuchen, mit dem Risiko, dass
es vielleicht nicht das Richtige ist und ich es umtauschen muss.“ Die anderen
stimmen zu. Unsere Trainerin guckt triumphierend: „Also, ich habe meiner
Familie ja dieses Jahr verboten, mich zu fragen, was ich mir wünsche. Ich will
eine Überraschung!“ „Cool,“ sagt eine. „Da müssen sie jetzt ran!“ Eine andere
von uns überlegt noch: „So junge Leute, die haben ja noch nicht alles, da muss
es schon das Richtige sein.“ Diesmal traue ich mich nicht, es laut zu sagen.
Ich finde Gebrauchsgegenstände, die machen einen vielleicht sehr, sehr dankbar,
aber irgendwie fühlen sie sich auch weniger schön an, wenn man sie mit Schleife
zu Weihnachten bekommt. Ich merke, ich wünsche mir, dass es beim Schenken darum
geht, dass man den anderen kennt und mag. Und freiwillig soll es bleiben und
deshalb passt es nicht jedes Jahr zu Weihnachten. Zuhause rufe ich meinen
besten Freund an, um zu sagen, dass es dieses Jahr nix wird mit dem Geschenk,
weil mich der Gedanke daran grad´ einfach nur stresst. Stattdessen höre ich
mich fragen: „Wollen wir nicht lieber zusammen in den Urlaub fahren?“
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius
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