Gute Geschenke

Kirche in WDR2 | 03.12.2021 | 00:00 Uhr

Ich bin im Fitnessstudio. Stresshormone abbauen. Ich

konzentriere mich auf die Bewegungen, bis ich im Gespräch der anderen Frauen

das Wort „Geschenke“ höre. „Unser Sohn brauchte das Rad schon am Anfang des

Schuljahres. Sechs Wochen vor seinem Geburtstag. Da haben wir eins gemeinsam ausgesucht

und ihm auch geschenkt“. Unsere Trainerin sagt: „Das ist jetzt anscheinend so.

Man geht gemeinsam Geschenke kaufen. Auch für Weihnachten.“ „Ja“, sagt eine

andere. „Die Jugendlichen in meiner Klasse wissen alle schon, was sie

bekommen.“ Unsere Trainerin guckt mich an: „Du bist doch hier die Expertin! So

richtig weihnachtlich ist das doch nicht, wenn man vorher schon weiß, was man

zu Weihnachten bekommt, oder?“

„Ja, also,“ sag ich, „Geschenke haben ja mit

Weihnachten erstmal gar nichts zu tun.“ Und fühle mich sofort wie die größte

Spaßbremse aller Zeiten. Unsere Trainerin guckt mich an, als ob ich da

vielleicht noch mehr zu sagen wollte. Es rattert durch meinen Kopf. Jesus hat

ja auch Geschenke bekommen und zwar ausgerechnet Geld und Parfum von den

königlichen Magiern. Stattdessen sage ich: „Also an Weihnachten schenkt Gott

sich ja selbst.“ Viel besser als meinen ersten Satz finde ich den nun auch

nicht, aber sie nickt. „Ja, Zeit miteinander und füreinander, das ist doch das

Wichtigste!“ Mein Humor meldet sich und es frotzelt liebevoll aus mir heraus: „So

denken aber nur wir alten Menschen.“ Wir lachen und wechseln die Geräte. Eine

sagt: „Aber mit einem richtig guten Geschenk schenke ich mich doch auch mit.

Mit der Zeit, die ich mir genommen hab`, es auszusuchen, mit dem Risiko, dass

es vielleicht nicht das Richtige ist und ich es umtauschen muss.“ Die anderen

stimmen zu. Unsere Trainerin guckt triumphierend: „Also, ich habe meiner

Familie ja dieses Jahr verboten, mich zu fragen, was ich mir wünsche. Ich will

eine Überraschung!“ „Cool,“ sagt eine. „Da müssen sie jetzt ran!“ Eine andere

von uns überlegt noch: „So junge Leute, die haben ja noch nicht alles, da muss

es schon das Richtige sein.“ Diesmal traue ich mich nicht, es laut zu sagen.

Ich finde Gebrauchsgegenstände, die machen einen vielleicht sehr, sehr dankbar,

aber irgendwie fühlen sie sich auch weniger schön an, wenn man sie mit Schleife

zu Weihnachten bekommt. Ich merke, ich wünsche mir, dass es beim Schenken darum

geht, dass man den anderen kennt und mag. Und freiwillig soll es bleiben und

deshalb passt es nicht jedes Jahr zu Weihnachten. Zuhause rufe ich meinen

besten Freund an, um zu sagen, dass es dieses Jahr nix wird mit dem Geschenk,

weil mich der Gedanke daran grad´ einfach nur stresst. Stattdessen höre ich

mich fragen: „Wollen wir nicht lieber zusammen in den Urlaub fahren?“

Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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  • 3.12.2021
  • Katrin Berger
  • © CCO Pixabay
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