„Da
sind sie wieder die kleinen Biester“, schreibt sie auf ihrem Twitter Account.
Sie ist 56 Jahre alt und kämpft seit 2 Jahren gegen die Biester. Wer will kann
ihr auf ihrem Profil mit einem eigenen Hashtag folgen und lesen, was die
Krankheit mit ihr macht.
Die
„kleinen Biester“ sind die kleinen, bösartigen Zellen. Sie hat sich
entschieden, nicht von „Tumoren“ oder „Krebs“ zu sprechen. Die Krankheit – der
Krebs – soll nicht noch mehr Macht über ihr Leben bekommen. Dazu gehört auch,
dass sie im Internet von ihrer Krankheit erzählt . Für einige mag das
verstörend sein, aber wer dort über Jahre hinweg Dinge teilt, findet dieses
Verhalten keineswegs sonderbar, vielleicht sogar selbstverständlich.
Seit
einigen Monaten weiß ich, dass auch ich „kleine Biester“ im Körper habe. Ich
spreche allerdings von „Krebs“, und hab mir keinen Hashtag dafür ausgedacht.
Meine digitale Präsenz ist in den vergangenen Jahren sowieso eher weniger
geworden. Ich bin aber überrascht, wie viele Menschen es trotzdem um mich
herumgibt, die sagen „Ich hatte es auch mal“.
Offenbar
hilft es: Das Teilen von Erfahrungen. Es hilft, mit der neuen Situation umzugehen.
Vielleicht hilft das Teilen von Erfahrungen sogar mehr als im Internet nach
allen möglichen und unmöglichen Therapieansätzen zu suchen.
„Ängste
bringen nichts, sie blockieren nur“ –schreibt sie einmal und postet darunter
ein Foto eines Bestrahlungs-Roboters. Der sieht so aus, als wäre er ein
Jedi-Ritter. Auf seinen Bauch hat sie einen großen Smilie retuschiert. Das
sieht lustig aus. Aber natürlich sind die Ängste da. In den unzähligen Stunden
des Wartens auf Labor Ergebnisse und Diagnosen liegt man wach und denkt, wie es
wohl weitergeht, und was zu regeln ist für den Fall, dass der Krebs sich weiter
ausbreitet.
Selbst
wenn alle Dinge in der Notfallmappe aufgelistet und erledigt sind, bleibt die
Frage, was werden wird. Was wird werden, mit meinem unbändigen Wunsch leben, zu
wollen? Was wird werden, wenn meine Kräfte schwinden. Wenn ich mir eingestehen
muss, dass es für mich keinen langen und ruhigen Lebensabend geben wird? Ich
womöglich meine Enkel nicht mehr erleben werde.
Morgen
ist der sogenannte „Palmsonntag“ in der Kirche. Fünf Tage bevor Jesus am Kreuz
stirbt wird er in Jerusalem mit großem Jubel begrüßt.
So
schnell kann es gehen, denke ich, so schnell kann die Stimmung umschlagen und
die Realität sich ändern.
Am
Ostermorgen dann die alles entscheidende Änderung. Ich werde nicht sterben,
sondern leben, selbst wenn die „kleinen Biester“ mein Leben beendet haben, geh
ich einfach mit Jesus mit. Er ist mein Trost im Leben und im Sterben.
Redaktion: Pastorin Sabine
Steinwender-Schnitzius
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