Guten Morgen!
Und – sind Sie zufrieden? Ich meine heute Morgen im
Bad, beim Blick in den Spiegel. Meist treibt in der Frühe die Uhr, bleibt barmherzig
wenig Zeit fürs gründlich kritische Betrachten. Gelegentlich aber, vor allem
nach Nächten mit mäßigem Schlaf, kommt man nicht umhin: Au weia! Ringe um die
Augen, Falten auf der Stirn, schlaffe Lider, dünne Haare, matte Haut. Sahst WIRKLICH
schon mal besser aus. Ist bloß ein paar Jahre her. Oder Jahrzehnte? Kann man
nichts machen. Kann man nichts machen?
Gemacht wird eine ganze Menge. Anti-Aging-Produkte füllen
Regale beim Drogisten – und für Männer ist das Angebot keineswegs kleiner als
für Frauen. Gekauft wird fast alles. Faltencremes und Vitamine, Concealer und Kaviarextrakt,
die Palette der Kosmetika ist breit, die Spuren des Alterns werden nicht
kampflos zur Kenntnis genommen. Wer mehr machen will, geht zum
Gesichtschirurgen. Die Zahl der ästhetisch-plastischen Eingriffe wächst stetig
und stabil. Besonders beliebt: Minimalinvasive Botox-Behandlungen und Filler-Faltenunterspritzungen.
Seit Corona und dem ZOOM-Boom ist der Bedarf sprunghaft gestiegen. Alt aussehen
auf dem Bildschirm der anderen – wer will das schon?
Nun mag und muss das jede und jeder ganz für sich
allein entscheiden. Ein Urteil darüber wäre vermessen. Dass Menschen auf ihr
Äußeres achten, ist weder verwerflich noch schlecht. Ein gepflegtes Erscheinungsbild
schmeichelt den Augen. Und doch gilt bei allem Verständnis für
Anti-Aging-Aktivitäten und mikroinvasive Korrekturen: Die Vergänglichkeit ist
und bleibt ein unumstößlicher, unumgänglicher Teil des menschlichen Daseins. Da
hilft kein Concealer. Es gilt am Ende: Mach dich nicht lächerlich, Mensch – du
bist und bleibst ein sterbliches Geschöpf.
Sicher: Das ist eher ernüchternd. Nichts, was einen direkt
jubeln ließe.
Und doch gilt zugleich: Altern und Vergänglichkeit
sind bei Gott wirklich keine Katastrophe. Denn – das glauben Christinnen und
Christen: Genau in dieses vergängliche, brüchige, sterbliche Leben hinein kommt
der Ewige selbst. Aus eigenem Antrieb, aus freien Stücken. Als Mensch unter
Menschen. In einem Krippenkind aus Bethlehem, in einem Rabbi aus Nazareth. In einem
Menschen, der leidet und stirbt. Und den Gott am Ostermorgen zu neuem Leben
auferweckt.
Ja, so ist das. Heute sind wir unterworfen. Der
Vergänglichkeit, dem Lauf der Dinge. Verknittert, gefaltet vom Leben oft. Anti-Aging
zum Trotz. Müde und mühselig auch, immer wieder.
Aber seit Ostern, seit Gott Christus zum neuen Leben
auferweckt hat, haben wir Hoffnung. Dass Gott den Tod in Grund und Boden liebt.
Für dich.
Der Blick in den Spiegel am Morgen zeigt beides. Manchmal
unbarmherzig klar: den Menschen, der vergänglich ist. Zugleich aber den, den
Gott selbst im Blick behält – gnädig. Und über alle Massen liebevoll. Damit
kannst du leben. Jeden Morgen neu.
Es grüßt Sie, Ulf Schlüter aus Bielefeld.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
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