Anti-Aging

Kirche in WDR3 | 04.05.2023 | 00:00 Uhr

Guten Morgen!

Und – sind Sie zufrieden? Ich meine heute Morgen im

Bad, beim Blick in den Spiegel. Meist treibt in der Frühe die Uhr, bleibt barmherzig

wenig Zeit fürs gründlich kritische Betrachten. Gelegentlich aber, vor allem

nach Nächten mit mäßigem Schlaf, kommt man nicht umhin: Au weia! Ringe um die

Augen, Falten auf der Stirn, schlaffe Lider, dünne Haare, matte Haut. Sahst WIRKLICH

schon mal besser aus. Ist bloß ein paar Jahre her. Oder Jahrzehnte? Kann man

nichts machen. Kann man nichts machen?

Gemacht wird eine ganze Menge. Anti-Aging-Produkte füllen

Regale beim Drogisten – und für Männer ist das Angebot keineswegs kleiner als

für Frauen. Gekauft wird fast alles. Faltencremes und Vitamine, Concealer und Kaviarextrakt,

die Palette der Kosmetika ist breit, die Spuren des Alterns werden nicht

kampflos zur Kenntnis genommen. Wer mehr machen will, geht zum

Gesichtschirurgen. Die Zahl der ästhetisch-plastischen Eingriffe wächst stetig

und stabil. Besonders beliebt: Minimalinvasive Botox-Behandlungen und Filler-Faltenunterspritzungen.

Seit Corona und dem ZOOM-Boom ist der Bedarf sprunghaft gestiegen. Alt aussehen

auf dem Bildschirm der anderen – wer will das schon?

Nun mag und muss das jede und jeder ganz für sich

allein entscheiden. Ein Urteil darüber wäre vermessen. Dass Menschen auf ihr

Äußeres achten, ist weder verwerflich noch schlecht. Ein gepflegtes Erscheinungsbild

schmeichelt den Augen. Und doch gilt bei allem Verständnis für

Anti-Aging-Aktivitäten und mikroinvasive Korrekturen: Die Vergänglichkeit ist

und bleibt ein unumstößlicher, unumgänglicher Teil des menschlichen Daseins. Da

hilft kein Concealer. Es gilt am Ende: Mach dich nicht lächerlich, Mensch – du

bist und bleibst ein sterbliches Geschöpf.

Sicher: Das ist eher ernüchternd. Nichts, was einen direkt

jubeln ließe.

Und doch gilt zugleich: Altern und Vergänglichkeit

sind bei Gott wirklich keine Katastrophe. Denn – das glauben Christinnen und

Christen: Genau in dieses vergängliche, brüchige, sterbliche Leben hinein kommt

der Ewige selbst. Aus eigenem Antrieb, aus freien Stücken. Als Mensch unter

Menschen. In einem Krippenkind aus Bethlehem, in einem Rabbi aus Nazareth. In einem

Menschen, der leidet und stirbt. Und den Gott am Ostermorgen zu neuem Leben

auferweckt.

Ja, so ist das. Heute sind wir unterworfen. Der

Vergänglichkeit, dem Lauf der Dinge. Verknittert, gefaltet vom Leben oft. Anti-Aging

zum Trotz. Müde und mühselig auch, immer wieder.

Aber seit Ostern, seit Gott Christus zum neuen Leben

auferweckt hat, haben wir Hoffnung. Dass Gott den Tod in Grund und Boden liebt.

Für dich.

Der Blick in den Spiegel am Morgen zeigt beides. Manchmal

unbarmherzig klar: den Menschen, der vergänglich ist. Zugleich aber den, den

Gott selbst im Blick behält – gnädig. Und über alle Massen liebevoll. Damit

kannst du leben. Jeden Morgen neu.

Es grüßt Sie, Ulf Schlüter aus Bielefeld.

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/60997_WDR3520230504Schlueter.mp3

  • 4.5.2023
  • Ulf Schlüter
  • © CCO Pixabay
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