Friedensinsel im Bittersee

Kirche in WDR3 | 29.06.2022 | 00:00 Uhr

Guten Morgen!

Vor gut 55

Jahren, am 5. Juni 1967 begann der so genannte Sechstagekrieg zwischen Israel

und den arabischen Nachbarn Ägypten, Jordanien und Syrien. Aber keine Sorge,

ich möchte heute nicht von einem Krieg erzählen. Ich möchte Ihnen eine schöne

Geschichte am Rande dieses Krieges erzählen. Denn als dieser Krieg ausbricht,

befinden sich gerade vierzehn Frachtschiffe im Suezkanal. Die Kriegsparteien

blockieren den Kanal dadurch, dass sie absichtlich Schiffe versenken. Und so

ankern die Schiffe aus Bulgarien, Frankreich, Großbritannien, Schweden,

Tschechoslowakei, den USA und Deutschland im Großen Bittersee. Das ist die

breiteste Stelle im Suezkanal. Auch als der Krieg nach sechs Tagen vorbei ist,

können die Schiffe nicht weiterfahren – fast acht Jahre werden sie nun

festhängen.

Nach einigen

Wochen kann ein Teil der Mannschaften die Schiffe verlassen. Eine kleine

Besatzung muss aber für Wartungsarbeiten bleiben. Diese Rumpfmannschaften werden

jedes halbe Jahr ausgetauscht. Erst acht Jahre später, im Mai 1975 werden diese

Schiffe den See wieder verlassen.

Was aber

erstaunlich ist: Zwischen den Mannschaften entwickeln sich Freundschaften.

Zunächst besuchen sie sich gegenseitig auf den Schiffen. Dann organisieren sie gemeinsame

Freizeitveranstaltungen. Sie spielen Karten, es werden Filmabende angeboten,

auf der MS Nordwind findet sonntags ein regelmäßiger Frühschoppen statt.

Höhepunkt ist die wöchentliche Segelregatta, für die die Beiboote umgebaut werden.

Und sie gründen eine Vereinigung zur Förderung der Freundschaften untereinander

– die „Great Bitter Lake Association". Während der Olympischen Spiele 1968

veranstalten die Besatzungen ihre eigenen Wettkämpfe mit vierzehn Disziplinen. 1973

erleben die Mannschaften noch einen zweiten Krieg zwischen Ägypten und Israel,

den Jom-Kippur-Krieg.

Diese

Mannschaften und ihre Freundschaft – was für ein schönes Bild mitten in diesen

Kriegen. Auch wenn der Sechstagekrieg schnell vorüber ist, so stehen sich

Ägypten und Israel weiterhin feindlich gegenüber. Doch in diesem See bildet

sich eine Insel des Friedens mitten in dem Konflikt. Menschen aus ganz

verschiedenen Nationen leben in Frieden zusammen. Mehr noch: Sie lernen sich

kennen und schätzen. Und gestalten gemeinsam ihre Zeit. Ich will es mal so

sagen: Ein Stück vom Himmel auf unserer Erde.

Mir

fällt dazu ein Satz aus dem 133. Psalm der Bibel ein: "Seht, wie gut es

ist und wie wohltuend, wenn Menschen beisammen wohnen – als wären sie Bruder

und Schwester. Ja, dort schenkt Gott, der Herr seinen Segen: Er verheißt Leben

bis in alle Zukunft." (zitiert nach: Basis-Bibel, Psalm 133,1+3b)

Ich hoffe,

uns gelingt es heute, ähnliche kleine Inseln des Friedens zu schaffen. Und ich

wünsche Ihnen, dass Sie dann auch den Segen Gottes erleben. Denn das hat er

versprochen.

(Ende WDR 4 und Verabschiedung WDR 3 und WDR 5)

Ihr

Pastor Heddo Knieper aus Soest

Quellen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Gelbe_Flotte

(Aufruf 21.5.22)

https://de.wikipedia.org/wiki/Bitterseen (Aufruf 21.5.22)

https://de.wikipedia.org/wiki/Suezkanal

(Aufruf 21.5.22)

Westfälischer Anzeiger vom 18.11.2019

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulzehttps://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/58564_WDR3520220629Knieper.mp3

  • 29.6.2022
  • Heddo Knieper
  • (Foto: Pixabay)
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