Guten Morgen!
Vor gut 55
Jahren, am 5. Juni 1967 begann der so genannte Sechstagekrieg zwischen Israel
und den arabischen Nachbarn Ägypten, Jordanien und Syrien. Aber keine Sorge,
ich möchte heute nicht von einem Krieg erzählen. Ich möchte Ihnen eine schöne
Geschichte am Rande dieses Krieges erzählen. Denn als dieser Krieg ausbricht,
befinden sich gerade vierzehn Frachtschiffe im Suezkanal. Die Kriegsparteien
blockieren den Kanal dadurch, dass sie absichtlich Schiffe versenken. Und so
ankern die Schiffe aus Bulgarien, Frankreich, Großbritannien, Schweden,
Tschechoslowakei, den USA und Deutschland im Großen Bittersee. Das ist die
breiteste Stelle im Suezkanal. Auch als der Krieg nach sechs Tagen vorbei ist,
können die Schiffe nicht weiterfahren – fast acht Jahre werden sie nun
festhängen.
Nach einigen
Wochen kann ein Teil der Mannschaften die Schiffe verlassen. Eine kleine
Besatzung muss aber für Wartungsarbeiten bleiben. Diese Rumpfmannschaften werden
jedes halbe Jahr ausgetauscht. Erst acht Jahre später, im Mai 1975 werden diese
Schiffe den See wieder verlassen.
Was aber
erstaunlich ist: Zwischen den Mannschaften entwickeln sich Freundschaften.
Zunächst besuchen sie sich gegenseitig auf den Schiffen. Dann organisieren sie gemeinsame
Freizeitveranstaltungen. Sie spielen Karten, es werden Filmabende angeboten,
auf der MS Nordwind findet sonntags ein regelmäßiger Frühschoppen statt.
Höhepunkt ist die wöchentliche Segelregatta, für die die Beiboote umgebaut werden.
Und sie gründen eine Vereinigung zur Förderung der Freundschaften untereinander
– die „Great Bitter Lake Association". Während der Olympischen Spiele 1968
veranstalten die Besatzungen ihre eigenen Wettkämpfe mit vierzehn Disziplinen. 1973
erleben die Mannschaften noch einen zweiten Krieg zwischen Ägypten und Israel,
den Jom-Kippur-Krieg.
Diese
Mannschaften und ihre Freundschaft – was für ein schönes Bild mitten in diesen
Kriegen. Auch wenn der Sechstagekrieg schnell vorüber ist, so stehen sich
Ägypten und Israel weiterhin feindlich gegenüber. Doch in diesem See bildet
sich eine Insel des Friedens mitten in dem Konflikt. Menschen aus ganz
verschiedenen Nationen leben in Frieden zusammen. Mehr noch: Sie lernen sich
kennen und schätzen. Und gestalten gemeinsam ihre Zeit. Ich will es mal so
sagen: Ein Stück vom Himmel auf unserer Erde.
Mir
fällt dazu ein Satz aus dem 133. Psalm der Bibel ein: "Seht, wie gut es
ist und wie wohltuend, wenn Menschen beisammen wohnen – als wären sie Bruder
und Schwester. Ja, dort schenkt Gott, der Herr seinen Segen: Er verheißt Leben
bis in alle Zukunft." (zitiert nach: Basis-Bibel, Psalm 133,1+3b)
Ich hoffe,
uns gelingt es heute, ähnliche kleine Inseln des Friedens zu schaffen. Und ich
wünsche Ihnen, dass Sie dann auch den Segen Gottes erleben. Denn das hat er
versprochen.
(Ende WDR 4 und Verabschiedung WDR 3 und WDR 5)
Ihr
Pastor Heddo Knieper aus Soest
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gelbe_Flotte
(Aufruf 21.5.22)
https://de.wikipedia.org/wiki/Bitterseen (Aufruf 21.5.22)
https://de.wikipedia.org/wiki/Suezkanal
(Aufruf 21.5.22)
Westfälischer Anzeiger vom 18.11.2019
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulzehttps://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/58564_WDR3520220629Knieper.mp3