„Bewahre uns, Gott“ (eg 171)

Choralandacht | 28.01.2023 | 00:00 Uhr

Musik

1: Gitarren-Vorspiel

& „La paz del senor“

Titel:

La paz del senor/Bewahre uns, Gott; Komposition: Anders Ruuth; Text: Eugen

Eckert; Interpreten: Habakuk; Album: Wasserspiegel; Verlag: Dagmar Kamensky

Musikverlag, Hamburg.

Autor: „La paz del Senor“: Es ist eine zu Herzen

gehende Bitte um den Frieden Gottes, die Anders Ruuth 1968 zu Papier bringt –

die Worte und die Musik. Er ist im Auftrag der „Church of Sweden Aid“ zunächst

als Gemeindepfarrer, später als Theologieprofessor in Buenos Aires tätig.

In

Argentinien erlebt er mit, wie die schlechte Wirtschaftslage 1966 zum Putsch

des Generalstabs und zur Errichtung einer Diktatur führt. Das Parlament wird

aufgelöst. Parteien werden verboten. Schon bald bildet sich aus Arbeitern und

Studierenden eine Opposition. Ab 1969 beginnen gewalttätige

Auseinandersetzungen. In diese historische Situation hinein schreibt Anders

Ruuth das Friedenslied „La paz del Senor“: „Der Friede Gottes, der Friede des

Auferstandenen sei mit dir und mit mir“. Weil die Orgel in den Gemeinden

Lateinamerikas eine untergeordnete Rolle spielt, werden Kirchenlieder so

geschrieben, dass sie mit der Gitarre begleitet werden können.

Musik

1:

Gitarren-Vorspiel

Autor:

1984

singt ein Chor das spanische Original bei einer Veranstaltung zum Weltgebetstag

der Frauen in Frankfurt. Die Sängerin meiner Band hört das Lied und ist

begeistert. Sie bringt die Noten mit und wünscht sich von mir für unsere

Konzerte eine Übersetzung ins Deutsche. Parallel erreicht mich ein Rundschreiben

des Frankfurter Propstes Dieter Trautwein. Er gehört zur Kommission, die an der

Erstellung des neuen Evangelischen Gesangbuches arbeitet. Segenslieder sind

Mangelware, schreibt er und bittet Geistliche um ihre Mithilfe. So entsteht

1985: „Bewahre uns, Gott, behüte uns Gott“. Das spanische Original besteht aus

sehr vielen Wortwiederholungen. Eine Übersetzung war kaum möglich. Also

entschließe ich mich, zur Melodie von Anders Ruuth ein eigenständiges Gedicht

zu schreiben. In vier Strophen erzähle ich von zentralen Segensmomenten der

hebräischen und der griechischen Bibel, dem Alten und dem Neuen Testament.

Die

erste Strophe beginnt bei dem Ereignis, das in der Forschung als Beginn des

Gottesglaubens gilt: Beim Exodus, beim Auszug des Volkes Israel aus der

Sklaverei in Ägypten. Es ist die Bitte um die Begleitung Gottes auf einem Weg

ins gänzlich Ungewisse. Und es dauert ja auch nicht lange, bis die befreiten

Menschen von Hunger und Durst geplagt werden. Gott, so erzählt es die Bibel,

antwortet auf den Hilfeschrei in der Wüste mit Manna, dem Himmelsbrot, und mit

Wasser, das aus Felsen sprudelt.

Musik

2: Orgelvorspiel und Str. 1,

Titel:

Bewahre uns, Gott; Komposition: Anders Ruuth; Text: Eugen Eckert; Interpreten;

Chor und Solisten des Instituts fu?r Kirchenmusik, Mainz; Leitung: Drescher,

Thomas; Album: Eingeladen zum Fest des Glaubens; LC: Z4252-Institut fu?r

Kirchenmusik des Bistums Mainz

Sprecherin

(overvoice):

1.

Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott,

sei

mit uns auf unsern Wegen.

Sei

Quelle und Brot in Wüstennot,

sei

um uns mit deinem Segen.

Autor:

Die

meisten haben selbst schon Mangel und Leere erlebt – in Stress- und

Streitsituationen, wenn es zu einer Trennung kommt, oder wenn es darum geht,

einen geliebten Menschen an den Tod hergeben zu müssen. Dann ist sie da, die

Wüstennot.

Was

hilft, wenn die Seele Hunger und Durst leidet? Im Lied heißt es, Gott hilft mit

Wasser und Brot, mit ganz elementaren Dingen. Was aber mit Brot alles gemeint

ist, entschlüsselt Martin Luther im Kleinen Katechismus. Nämlich: „Alles, was

not tut für Leib und Leben“. Dazu gehören: Essen, Trinken, Kleider, Schuh,

Haus, Hof und Geld; Menschen, die es gut mit mir meinen, eine gute Regierung,

gutes Wetter, Frieden und Gesundheit.

Am

Ende eines Gottesdienstes wird oft ein Segen aus dem 4. Buch Mose zugesprochen:

„Der Herr segne dich und behüte dich; der Herr lasse sein Angesicht leuchten

über dir und sei dir gnädig; der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe

dir Frieden“. Wann immer Menschen in den schweren Zeiten ihres Lebens Bewahrung

erfahren, wird das konkret. Diesen Segen nimmt die zweite Strophe des Liedes

auf.

Musik

3: Strophe 2

Titel:

Bewahre uns, Gott; Komposition: Anders Ruuth; Text: Eugen Eckert; Interpret: Rundfunkchor

Berlin; Jörg Strodthoff (Orgel); Leitung: Simon Halsey; Album: Morgenlicht;

Label: Deutsche Grammophon; LC: 00173

Sprecherin

(overvoice)

2. Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott,

sei

mit uns in allem Leiden.

Voll

Wärme und Licht im Angesicht,

sei

nahe in schweren Zeiten.

Autor:

„Und

erlöse uns von dem Bösen“ – so heißt es in der siebten Bitte im Vaterunser.

Worte Jesu, die Christinnen und Christen weltweit verbinden. Dass wir Menschen

Böses erleben, steht außer Frage: So viele Kriege zu allen Zeiten, so viele

Flüchtlinge, so viel Hunger, so viele Tränen, so viel Leid und Schmerz.

Allerdings sucht die dritte Strophe des Liedes nicht einfach Zuflucht bei Gott.

Sie erwartet auch nicht von Gott, die von uns Menschen gemachten Krisen zu

lösen. Aber sie wendet sich an Gott mit der Bitte, hilfreich dort zur Seite zu

stehen, dort Ausdauer und Kraft zu schenken, wo Menschen sich mutig und

hoffnungsvoll für Frieden und für Gerechtigkeit einsetzen.

In

einer Bibelarbeit beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hamburg 1995 hat

die Theologin Dorothee Sölle diesen Gedanken noch weiter entfaltet, nachdem wir

eben noch mit vielen tausend Menschen „Bewahre uns, Gott“ gesungen hatten. Ihr

Gedicht „Ich, dein Baum“ beginnt mit den Worten: „Nicht du sollst meine

Probleme lösen, sondern ich deine, Gott der Asylanten. Nicht du sollst die

Hungrigen satt machen, sondern ich soll deine Kinder behüten“. (1)

Musik

3: Strophe 3

Sprecherin

(overvoice)

3. Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott,

sei

mit uns vor allem Bösen.

Sei

Hilfe, sei Kraft, die Frieden schafft,

sei

in uns, uns zu erlösen.

Autor:

Menschen

zu allen Zeiten hatten ein Gespür dafür, dass Veränderung zum Guten, dass

wirkliche Erneuerung von göttlichen Inspirationen abhängen könnte. Von solcher

Inspiration erzählt bereits der zweite Schöpfungsbericht der Bibel. Gott ist

dort ein Töpfer, der die Geschöpfe formt, ihnen seinen Atem einhaucht und sie

dadurch belebt. Vor rund 3.000 Jahren knüpft der Beter des 51. Psalms an diese

Erzählung an und bittet Gott: „Schaffe in mir ein reines Herz und gib mir einen

neuen, beständigen Geist“. Und die Pfingstgeschichte des Evangelisten Lukas

unterstreicht: Gottes Geist begeistert, lässt Menschen aufeinander zugehen,

bewirkt neues Verständnis füreinander und eröffnet neue Formen der Kommunikation.

Konsequent schließt das Lied „Bewahre uns, Gott“ mit einer solchen Zuversicht:

„Dein Heiliger Geist, der Leben verheißt, sei um uns auf unsern Wegen“.

Musik

2: Strophe 4

Sprecherin

(overvoice)

4. Bewahre uns, Gott, behüte uns, Gott,

sei

mit uns durch deinen Segen.

Dein

Heiliger Geist, der Leben verheißt,

sei

um uns auf unsern Wegen.

(1) Dorothee

Sölle, loben ohne lügen. Gedichte. Fietkau, Berlin 2000. S. 12

Redaktion: Landespfarrer

Dr. Titus Reinmuth

  • 28.1.2023
  • Eugen Eckert
  • (Kirche im WDR)