Gedanken des Friedens

Kirche in WDR2 | 11.01.2023 | 00:00 Uhr

Kurz vor Weihnachten sind bei uns im Gemeindehaus

Geflüchtete aus der Ukraine eingezogen – Familien, Alleinstehende. Die Hoffnung

auf ein Zuhause ist groß. Aber Zuhause. Das ist nicht bei uns. Zuhause ist die

Ukraine. Sind Städte und Dörfer, von denen man nicht weiß, ob es sie noch gibt,

ob sie noch bewohnbar sind. Nur eins ist sicher: Es ist alles anders. Familien

und Freunde irgendwo auf der Flucht, irgendwo zuhause, wo gar nicht Zuhause

ist. Und Zuhause: Stein auf Stein gibt’s so auch nicht mehr.

Fast

ein Jahr. Was ist aus unserem Protest, aus unserer Solidarität geworden? Immer häufiger

höre ich jetzt: „Die aus der Ukraine, die kriegen die Spenden, die eigentlich

für uns sind.“ Der Winter ist kalt, die Energiekosten für viele kaum in den

Griff zu kriegen. In Seelsorgegesprächen machen viele ihrem Ärger Luft. „Die

Tafeln haben für uns gar nichts mehr. Alles kriegen die Geflüchteten,“ höre ich

da. Was kann ich da sagen? Manches stimmt ja. Wir spenden fleißig und packen

mit an. In Deutschland engagiert sich jeder Zweite ehrenamtlich. Das finde ich

großartig. Aber irgendwie reicht es nicht. Und das ärgert. Auch mich. Und

gleichzeitig denk‘ ich: Es ist doch genug für uns alle da; Platz, Essen, Segen.

Wenn ich innerlich

ausflippe und vor mich hin schimpfe, dass nichts recht ist, so wie es ist. Dann

hilft mir mein Glaube. Mein Glaube daran, dass Gott die Seinen nicht lässt. Und

irgendwo in meinem Hinterkopf blättert was und erinnert mich an Worte aus der

Bibel. Da sagt Gott: Ich habe

Gedanken des Friedens und nicht des Leides über euch, dass ich euch gebe

Zukunft und Hoffnung. (1)

Zugegeben etwas sperrig sind

sie, die alten Worte. Übersetzt heißen sie wohl: Gott ist keiner, der Streit

sucht. Gott ist einer, der sich für Frieden einsetzt. Für Frieden bei mir

Zuhause. Frieden bei anderen Zuhause. Und Gott ist einer, der an die Zukunft

denkt. Und die Zukunft, die Gott für mich oder für uns denkt – hier in

Deutschland, im Iran, in der Ukraine, aber auch in Russland – in der leben wir

friedlich zusammen, ohne Krieg.

Hoffnung ist schwierig. Vor

allem, wenn man von allem zu wenig hat. Zu wenig Wärme, zu wenig Essen, zu

wenig Platz. Aber sie ist stark – die Hoffnung – und sie setzt sich überall da

fest, wo es nur das kleinste bisschen Platz gibt und geht dann auch nicht mehr

weg. In unser Gemeindehaus ist sie eingezogen, wächst mit jedem guten Wort,

dass wir füreinander haben und macht einen fremden Ort zu einem Zuhause auf

Zeit.

Quellen:

(1) Lutherbibel 2017, Jeremia

29,11.

Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/59934_WDR220230111Riedel.mp3

  • 11.1.2023
  • Julia-Rebecca Riedel
  • © epd bild/Klaus Honigschnabel
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