Kurz vor Weihnachten sind bei uns im Gemeindehaus
Geflüchtete aus der Ukraine eingezogen – Familien, Alleinstehende. Die Hoffnung
auf ein Zuhause ist groß. Aber Zuhause. Das ist nicht bei uns. Zuhause ist die
Ukraine. Sind Städte und Dörfer, von denen man nicht weiß, ob es sie noch gibt,
ob sie noch bewohnbar sind. Nur eins ist sicher: Es ist alles anders. Familien
und Freunde irgendwo auf der Flucht, irgendwo zuhause, wo gar nicht Zuhause
ist. Und Zuhause: Stein auf Stein gibt’s so auch nicht mehr.
Fast
ein Jahr. Was ist aus unserem Protest, aus unserer Solidarität geworden? Immer häufiger
höre ich jetzt: „Die aus der Ukraine, die kriegen die Spenden, die eigentlich
für uns sind.“ Der Winter ist kalt, die Energiekosten für viele kaum in den
Griff zu kriegen. In Seelsorgegesprächen machen viele ihrem Ärger Luft. „Die
Tafeln haben für uns gar nichts mehr. Alles kriegen die Geflüchteten,“ höre ich
da. Was kann ich da sagen? Manches stimmt ja. Wir spenden fleißig und packen
mit an. In Deutschland engagiert sich jeder Zweite ehrenamtlich. Das finde ich
großartig. Aber irgendwie reicht es nicht. Und das ärgert. Auch mich. Und
gleichzeitig denk‘ ich: Es ist doch genug für uns alle da; Platz, Essen, Segen.
Wenn ich innerlich
ausflippe und vor mich hin schimpfe, dass nichts recht ist, so wie es ist. Dann
hilft mir mein Glaube. Mein Glaube daran, dass Gott die Seinen nicht lässt. Und
irgendwo in meinem Hinterkopf blättert was und erinnert mich an Worte aus der
Bibel. Da sagt Gott: Ich habe
Gedanken des Friedens und nicht des Leides über euch, dass ich euch gebe
Zukunft und Hoffnung. (1)
Zugegeben etwas sperrig sind
sie, die alten Worte. Übersetzt heißen sie wohl: Gott ist keiner, der Streit
sucht. Gott ist einer, der sich für Frieden einsetzt. Für Frieden bei mir
Zuhause. Frieden bei anderen Zuhause. Und Gott ist einer, der an die Zukunft
denkt. Und die Zukunft, die Gott für mich oder für uns denkt – hier in
Deutschland, im Iran, in der Ukraine, aber auch in Russland – in der leben wir
friedlich zusammen, ohne Krieg.
Hoffnung ist schwierig. Vor
allem, wenn man von allem zu wenig hat. Zu wenig Wärme, zu wenig Essen, zu
wenig Platz. Aber sie ist stark – die Hoffnung – und sie setzt sich überall da
fest, wo es nur das kleinste bisschen Platz gibt und geht dann auch nicht mehr
weg. In unser Gemeindehaus ist sie eingezogen, wächst mit jedem guten Wort,
dass wir füreinander haben und macht einen fremden Ort zu einem Zuhause auf
Zeit.
Quellen:
(1) Lutherbibel 2017, Jeremia
29,11.
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius
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