Der erste Mensch

Kirche in WDR3 | 18.10.2022 | 00:00 Uhr

Guten Morgen!

Lucy oder Eva? Wessen Nachkommen sind wir?

Lucy ist der Spitzname eines weiblichen Frühmenschen. Vermutlich

drei Millionen Jahre alt sind Lucys Überbleibsel. 1974 hat man die Fossilien ihres

Skeletts entdeckt. Ein Sensationsfund.

Eva ist der Name der Frau, die Gott im Garten Eden auf

wundersame Weise ins Leben rief. Ihre Knochen wird keiner je finden. Adam und

Eva, diese ersten Menschen, sind nicht aus Fleisch und Blut. Sie sind der

Mensch schlechthin. Adam und Eva sind Menschheit.

Wir sind also Kinder von Lucy und von Eva – von

beiden. Unserer DNA nach kommen wir von Lucy her, unserem Wesen nach von Adam

und Eva. Vom Wesen des Menschen erzählt die Bibel. Und es ist wirklich eine grandiose

Erzählung. Gott wird uns da als emsiger Gärtner vorgestellt, der eigenhändig einen

Park anlegt. Eden heißt der, ein Königsgarten, ein wahrhaftes Paradies mit

üppigen Bäumen und Früchten, mit wasserspendenden Flüssen, mit Gold und

Edelsteinen. Gott macht sich buchstäblich die Hände schmutzig für die Menschen.

Was ist das nun für ein Geschöpf, für das Gott so

schuftet? Adam, so heißt es auf Hebräisch. Adam bedeutet Erdling und hat kein

Geschlecht. Gott macht aus der Adamah, der Erde, den Adam, das Geschöpf, das

von der Erde ist, das ohne die Erde nicht sein kann und für die Erde da sein

soll. Und ausgerechnet wir Erdlinge sind dabei, die Erde auszubeuten und zu

zerstören. Weil wir das vergessen haben: Wir Menschen sind Erdlinge.

Es ist nicht gut, dass der Adam allein sei, stellt

Gott fest. Recht hat er. Es ist nicht gut, ohne Mitmensch zu sein, eingesperrt

in der Blase des eigenen Ich, allein „sein eigener Herr“, „seine eigene Herrin“.

Das ist unmenschlich. Und es macht unmenschlich. Gott beschließt: Ich will dem

Adam ein Gegenüber schaffen, das zu ihm passt.

Gesagt, getan. Leider hält sich bis heute hartnäckig, Gott

habe dem Adam im Schlaf eine seiner Rippen genommen und daraus die Frau gebildet.

Falsch.

Gott nimmt stattdessen eine der Seiten von Adam

und erschafft daraus ein ebenbürtiges Gegenüber. Eva wird sie später heißen,

Mutter alles Lebendigen. Und erst in diesem Moment werden aus dem

geschlechtslosen Erdling Mann und Frau, die einander Hilfe sein sollen und, wie

es heißt, „ein Fleisch werden“ und Kinder zeugen.

Längst haben wir gelernt, dass Menschsein nicht nur

männlich und weiblich ist, sondern weitaus vielfältiger. Kein Geschlecht ist mehr

oder weniger wert als das andere.

Was die Bibel hier erzählt, hilft zum aufrechten,

verantwortlichen Leben – und es hilft zum würdigen Sterben.

Von Erde bist du genommen, Mensch, und zu Erde wirst

du wieder werden. Du bist nicht unsterblich. Gott sei Dank. Deine Zeit ist

endlich, deine Pläne sind begrenzt, deine Kraft hat Grenzen. Das ist

menschlich. Es macht dein Leben einmalig und unendlich kostbar. Es zu bedenken,

macht lebensklug. Und wundersam getrost.

Einen gesegneten Tag wünscht Ihnen Annette Kurschus

aus Bielefeld.

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/59425_WDR3520221018Kurschus.mp3

  • 18.10.2022
  • Annette Kurschus
  • © CCO Pixabay
Downloads