„Okay,
ich stelle die Sehstärke jetzt mal so ein, wie sie aktuell ist und dann sehen
wir mal, ob es auch noch besser geht.“ Der freundliche Herr in der Optikerfiliale
meines Vertrauens stellt noch ein paar Schräubchen nach und sagt dann: „So,
bitte, schauen Sie mal und lesen Sie mir die Buchstaben an der Tafel vor.“ Ich:
„Kleines a, großes F, großes S…“, fange ich an und komme schnell ins Stocken.
„Uh, da muss ich raten… kleines b? Oder eine sechs?“
Der
Herr lächelt mir zu und sagt: „Kein Problem, schauen wir mal, wie es jetzt
ist.“ Er will die neue Sehschärfe einstellen, aber irgendwas an dem Gerät hakt.
„Bitte entschuldigen Sie“, sagt er verlegen und erklärt: „Ich arbeite noch
nicht so lange hier…“ Ich lächle und sage: „Kein Stress, ich hab Zeit.“ Er
schaut mich dankbar an, werkelt weiter und nach einigen Minuten funktioniert
es. Als er mir schließlich das Ergebnis des Sehtests verkündet, muss ich doch
schlucken. „Meine Güte, da hat sich meine Sehkraft ja doch um einiges
verschlechtert, seitdem ich das letzte Mal hier war…“.
Der
Optiker sagt: „Naja, die richtige Sehstärke der Brille ist schon wichtig, damit
Sie auch weiterhin alle Straßenschilder korrekt lesen können. Aber ich glaube,
ansonsten sehen Sie ziemlich scharf.“ „Wie meinen Sie das?“, frage ich
überrascht. Da sagt er: „Kennen Sie das Buch ‚Der kleine Prinz‘?“ Ich nicke.
„Na da heißt es doch: ‚Man sieht nur mit dem Herzen gut.‘ Und ich glaube, Sie
haben ein gutes Herz. Das ist fast noch wichtiger als die Sehstärke der Augen.“
Sprecher: Jan Primke
Redaktion: Daniel Schneider
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