Steht der Weihnachtsbaum bei
Euch noch?
Seid froh! Ich kann mich da
an was erinnern: Ich muss so sechs Jahre alt gewesen sein, als ich mit meiner
Mutter zusammen den Weihnachtsbaum einkaufen durfte. Leider ging uns auf dem
Rückweg das Benzin aus und wir mussten das Auto, samt Baum auf dem Dach, im
Schnee an der Straße stehen lassen. Doch als wir kurz darauf mit einem
Benzinkanister wieder zurückkamen, hatte jemand unseren neuen Weihnachtsbaum
von unserem Autodach geklaut. Meine Mama war geschockt. Und ich auch. Da hat
uns jemand etwas gestohlen, was uns lieb war. Viel mehr Ungerechtigkeit kann
man als Sechsjährige kaum ertragen.
Das Gefühl von damals habe
ich konserviert. Und manchmal, wenn ich so mitten im Alltag himmelschreiende
Ungerechtigkeit empfinde, dann kommt dieses Gefühl wieder hoch. Dann schwindet
meine Hoffnung, mein Lächeln, meine Zuversicht und meine positive Einstellung. Dann
stehe ich davor, wie damals vor unserem Auto mit leerem Dachgepäckträger.
Aber im Gegensatz zu damals kann
ich mittlerweile in vielen Situationen etwas gegen dieses Gefühl der
Machtlosigkeit unternehmen. Indem ich das Gespräch suche mit der Person, von
der ich mich ungerecht behandelt fühle zum Beispiel. Indem ich anderen Menschen
helfe, die ungerecht behandelt werden. Und wenn ich dann doch mal gar nichts unternehmen
kann, dann erinnere ich mich an daran, dass wir trotz geklautem Weihnachtsbaum
damals ein tolles Weihnachtsfest erlebt haben. Das macht mir Hoffnung. Auch
noch nach Weihnachten.
Sprecherin: Lisa Kielbassa
Redaktion: Daniel Schneider
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