Es kam meistens abends, wenn
ich entspannt war und gerade auf dem Weg ins Bett. Ein unangenehmes Ziehen in
der Kniegegend, vielleicht auch eher ein Stechen. Nicht so sehr, dass ich
weinen musste, aber schon stark genug, um nicht einschlafen zu können. Gefühlt
meine ganze Grundschulzeit ging das so. „Das sind Wachstumsschmerzen“, hat
meine Mutter damals gesagt. „Es tut weh, weil du jetzt gerade wächst.“ Jetzt,
ein paar Jahre später, weiß ich: Sie hatte recht. Irgendwas hat das damit zu
tun, dass nachts die Knochen wachsen, aber die Knochenhaut nicht so schnell
mitkommt und deswegen spannt.
Ich habe damals zwei Sachen
gelernt. Erstens: Es ist gut, ein Wort für das zu haben, was einem wehtut. Das
macht die Schmerzen nicht weg, aber hilft beim Aushalten.
Und zweitens: Wachsen tut
weh. Reifen ist schmerzhaft. Sich entwickeln ist anstrengend. Sau-anstrengend
manchmal sogar. Weil jede neue Lebensphase außerhalb meiner bisherigen
Komfortzone beginnt.
Seitdem mir das klar geworden
ist, bin ich mit dem Leben ein bisschen feiner. Es ist okay, wenn ein Abschied
weh tut. Und wenn das Neue erstmal Angst macht.
Ich bin auch ein bisschen
feiner mit Jesus. Manchmal, wenn ich merke, dass meine alten Überzeugungen und
Rituale nicht mehr tragen, oder wenn Fragen, auf die ich immer eine Antwort
hatte, auf einmal wieder offen sind. Dann kann auch Glauben sauanstrengend
sein. Aber manchmal sind Glaubenskrisen nichts anderes als Wachstumsschmerzen.
Sprecher: Jan Primke
Redaktion: Daniel Schneider
https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/61162_1Live20230531Pyka.mp3