Wachstumsschmerzen

Kirche in 1Live | 31.05.2023 | 00:00 Uhr

Es kam meistens abends, wenn

ich entspannt war und gerade auf dem Weg ins Bett. Ein unangenehmes Ziehen in

der Kniegegend, vielleicht auch eher ein Stechen. Nicht so sehr, dass ich

weinen musste, aber schon stark genug, um nicht einschlafen zu können. Gefühlt

meine ganze Grundschulzeit ging das so. „Das sind Wachstumsschmerzen“, hat

meine Mutter damals gesagt. „Es tut weh, weil du jetzt gerade wächst.“ Jetzt,

ein paar Jahre später, weiß ich: Sie hatte recht. Irgendwas hat das damit zu

tun, dass nachts die Knochen wachsen, aber die Knochenhaut nicht so schnell

mitkommt und deswegen spannt.

Ich habe damals zwei Sachen

gelernt. Erstens: Es ist gut, ein Wort für das zu haben, was einem wehtut. Das

macht die Schmerzen nicht weg, aber hilft beim Aushalten.

Und zweitens: Wachsen tut

weh. Reifen ist schmerzhaft. Sich entwickeln ist anstrengend. Sau-anstrengend

manchmal sogar. Weil jede neue Lebensphase außerhalb meiner bisherigen

Komfortzone beginnt.

Seitdem mir das klar geworden

ist, bin ich mit dem Leben ein bisschen feiner. Es ist okay, wenn ein Abschied

weh tut. Und wenn das Neue erstmal Angst macht.

Ich bin auch ein bisschen

feiner mit Jesus. Manchmal, wenn ich merke, dass meine alten Überzeugungen und

Rituale nicht mehr tragen, oder wenn Fragen, auf die ich immer eine Antwort

hatte, auf einmal wieder offen sind. Dann kann auch Glauben sauanstrengend

sein. Aber manchmal sind Glaubenskrisen nichts anderes als Wachstumsschmerzen.

Sprecher: Jan Primke

Redaktion: Daniel Schneider

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  • 31.5.2023
  • Holger Pyka
  • © CCO Pixabay
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