Frieden stiften

Kirche in WDR2 | 02.05.2022 | 00:00 Uhr

Autor: „Selig

sind, die Frieden stiften.“ – Was für ein Wunsch! Was für ein frommer Wunsch,

mögen Sie denken. Angesichts der so bedrückenden Nachrichten und Bilder aus der

Ukraine.

Tja, „selig sind, die Frieden

stiften.“ – Wir lernen neu, dass auch die Friedlichen in unserer Welt – und das

sind die allermeisten, da bin ich mir sicher –, dass die geschützt werden

müssen. Auch mit Waffen. Auch mit der Androhung, diese zur Not nach Recht und

Gesetz einzusetzen. Wir leben nicht im Paradies. Eine bittere Wahrheit. Die

einem „Friedenssehnsüchtigen“ wie mir gerade wieder bedrückend deutlich wird.

„Selig sind, die Frieden

stiften.“ – Das ist ein Kernsatz meines Glaubens. Ich bin in den 1980ern in

Bonn auf den großen Friedensdemos gewesen. Ich war zwar nicht per se gegen

Bundeswehr und so radikal pazifistisch wie manche meiner Freunde. Aber ich fand

es richtig, dass es in den 80ern – wir erinnern uns: das ist damals auch so

eine „Zeitenwende“ der Hochrüstung –, Stimmen gab, die sagten: „Frieden

schaffen ohne Waffen“. Wirklich Frieden schaffen wir nur dort, wo wir uns für

Verständigung, für Versöhnung einsetzen. Und das gilt in der Nachbarschaft, in

der Familie genauso wie in der Weltpolitik, zwischen Ländern, zwischen Regierungen.

„Selig sind, die Frieden

stiften.“ – Jesus hat das gesagt (Mth 5, 9) Ist das vorbei? Oder nur noch „Privattheologie“

für einen kleinen geschützten Raum im Gutmenschen-Milieu?

Nein. Ich möchte mir diesen

Satz nicht nehmen lassen. Auch heute nicht. Nicht von Despoten, von Menschenverächtern,

die den Krieg zum Mittel ihrer Politik gemacht haben!

Ich glaube sogar, Friedensstifter

sind gerade jetzt wichtiger denn je: Also besonnene Menschen, die Feindbilder

nicht befeuern, sondern versuchen zu überwinden. Politikerinnen, Präsidenten, Kanzler,

die ihre Hoffnung nicht aufgeben für das zerstörerische Duett von Macht und

Zynismus.

„Selig sind, die Frieden

stiften.“ – Der Satz war auch schon bei Jesus mehr Verheißung als Realität.. Aber

der Satz steht für eine Haltung. Und die möchte ich nicht aufgeben. Weder

in meinem persönlichen Umfeld noch in der Politik. Diese Haltung hat in den

letzten 75 Jahren den Geist von Europa, den Geist unserer Kultur entscheidend

geprägt.

„Selig sind, die Frieden

stiften. Denn wir werden Gottes Kinder heißen“, heißt es bei Jesus weiter. Und

„Kinder Gottes“ sind wir alle alle, auf dieser Erde. Das möchte ich mir gerade

jetzt laut in Erinnerung rufen. Und das möglichst mit vielen gemeinsam: „Selig

sind, die Frieden stiften“ – Ich sehe keine Alternative.

Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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  • 2.5.2022
  • Joachim Gerhardt
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