Autor: „Selig
sind, die Frieden stiften.“ – Was für ein Wunsch! Was für ein frommer Wunsch,
mögen Sie denken. Angesichts der so bedrückenden Nachrichten und Bilder aus der
Ukraine.
Tja, „selig sind, die Frieden
stiften.“ – Wir lernen neu, dass auch die Friedlichen in unserer Welt – und das
sind die allermeisten, da bin ich mir sicher –, dass die geschützt werden
müssen. Auch mit Waffen. Auch mit der Androhung, diese zur Not nach Recht und
Gesetz einzusetzen. Wir leben nicht im Paradies. Eine bittere Wahrheit. Die
einem „Friedenssehnsüchtigen“ wie mir gerade wieder bedrückend deutlich wird.
„Selig sind, die Frieden
stiften.“ – Das ist ein Kernsatz meines Glaubens. Ich bin in den 1980ern in
Bonn auf den großen Friedensdemos gewesen. Ich war zwar nicht per se gegen
Bundeswehr und so radikal pazifistisch wie manche meiner Freunde. Aber ich fand
es richtig, dass es in den 80ern – wir erinnern uns: das ist damals auch so
eine „Zeitenwende“ der Hochrüstung –, Stimmen gab, die sagten: „Frieden
schaffen ohne Waffen“. Wirklich Frieden schaffen wir nur dort, wo wir uns für
Verständigung, für Versöhnung einsetzen. Und das gilt in der Nachbarschaft, in
der Familie genauso wie in der Weltpolitik, zwischen Ländern, zwischen Regierungen.
„Selig sind, die Frieden
stiften.“ – Jesus hat das gesagt (Mth 5, 9) Ist das vorbei? Oder nur noch „Privattheologie“
für einen kleinen geschützten Raum im Gutmenschen-Milieu?
Nein. Ich möchte mir diesen
Satz nicht nehmen lassen. Auch heute nicht. Nicht von Despoten, von Menschenverächtern,
die den Krieg zum Mittel ihrer Politik gemacht haben!
Ich glaube sogar, Friedensstifter
sind gerade jetzt wichtiger denn je: Also besonnene Menschen, die Feindbilder
nicht befeuern, sondern versuchen zu überwinden. Politikerinnen, Präsidenten, Kanzler,
die ihre Hoffnung nicht aufgeben für das zerstörerische Duett von Macht und
Zynismus.
„Selig sind, die Frieden
stiften.“ – Der Satz war auch schon bei Jesus mehr Verheißung als Realität.. Aber
der Satz steht für eine Haltung. Und die möchte ich nicht aufgeben. Weder
in meinem persönlichen Umfeld noch in der Politik. Diese Haltung hat in den
letzten 75 Jahren den Geist von Europa, den Geist unserer Kultur entscheidend
geprägt.
„Selig sind, die Frieden
stiften. Denn wir werden Gottes Kinder heißen“, heißt es bei Jesus weiter. Und
„Kinder Gottes“ sind wir alle alle, auf dieser Erde. Das möchte ich mir gerade
jetzt laut in Erinnerung rufen. Und das möglichst mit vielen gemeinsam: „Selig
sind, die Frieden stiften“ – Ich sehe keine Alternative.
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius
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