aktualisierte Sendung vom 14.04.18, WDR3-5
Musik 1: Track 1 The Bells of Taizé von CD: Music of Unity and
Peace – Taizé, Deutsche Grammophon 2014, LC 0173.
Autorin: Das kleine burgundische Dorf Taizé. Etwa 80 Kilometer nördlich
von Lyon liegt es auf einem Hügel. Taizé – das ist auch der Name der
Ökumenischen Gemeinschaft von fast einhundert Brüdern, die hier leben. Sie
kommen aus über 25 Ländern der Erde.
Musik 2: Tack 20 Laudate omnes gentes (Sung quickly) von CD
Laudate omnes, Komponist / Melodie und Satz Jaques Berthier, Taizé 1978,
Interpreten: Taizé, opyright: Ateliers et Presses de Taizé / T 566, 2002/2008,
LC: k.A., EAN: 3295750005666.
Autorin: Taizé – rund 100.000 Jugendliche und junge Erwachsene aus aller
Welt kommen Jahr für Jahr hierher zum Singen, Beten, Diskutieren. Was treibt
Jugendliche raus aus der Komfortzone hierher – und das seit vielen Jahrzehnten?
O-Ton 1 Johanna
Holzhauer: Das Besondere an Taizé ist, dass man so viele andere trifft, die
dort wo sie leben sich engagieren auf ihre eigene Art: in ihren Gemeinden, in
den Gewerkschaften, …. Und das verbindet miteinander. Und dadurch sind
unglaubliche Netzwerke entstanden auch im Geheimen übrigens in die Länder des
Ostens.
Autorin: Johanna Holzhauer
ist Fernsehjournalistin. Sie zog es schon mit 16 Jahren nach Taizé. Das war zu
Beginn der 70er Jahre. Sich verständigen. Einander über die Grenzen hinweg näherkommen.
Das klappt bis heute. Zum Beispiel beim „45. Europäischen Jugendtreffen von
Taizé“, das gerade in Rostock und Umgebung stattfindet.
Sehen, dass wir alle gleich sind. Nicht mitmachen, wenn
rassistische Parolen ausgegeben werden. Das war schon ein Anliegen des Gründers
und ehemaligen Priors von Taizé, Frère Roger Schutz. Er ließ sich nicht auf die
nationalsozialistischen Parolen des Dritten Reiches ein. Er gründete eine
christliche Gemeinschaft und versteckte Juden und politische Flüchtlinge. Das
Leben der Menschen teilen. Für Frère Roger Schutz gehörten politisches
Engagement und Beten zusammen.
Sprecher 1: „Was ist das für ein Frieden, den
Gott schenkt?“ Es ist zunächst ein innerer Frieden, ein Frieden des Herzens.
Dieser innere Friede erlaubt es, einen hoffnungsvollen Blick auf die Welt zu
richten, auch wenn Gewalt und Konflikt die Welt zu zerreißen und kaputt zu
machen drohen. (1)
Autorin: Taizé als
Quelle der Hoffnung, als Motor des Friedens und der Befreiung. Johanna
Holzhauer hat selbst mitgemacht. Hat als Studentin heimlich Briefe aus Taizé
und Matritzen zur Vervielfältigung von christlichen Flugschriften in die
ehemalige DDR eingeschleust. Was wünscht Johanna Holzhauer der ökumenischen
Bewegung von Taizé, wenn sie auf das heutige Europa blickt?
O-Ton 2 Johanna Holzhauer: Dass sie weiter ihre Kraft entwickelt. Wir
haben ja die Situation, dass Taizé vor allen Dingen nach der Öffnung der Mauern
ein großer Anziehungspunkt für Jugendliche aus ganz Osteuropa geworden ist.
Autorin: Was die Jugendlichen aus den multinationalen und multikonfessionellen
Treffen in Taizé mitnehmen, erzählt mir Frère Timothée aus Taizé. Ich treffe
ihn vor einem Jahr, Silvester 2021. Und er erzählt, wie es ist, wenn russische
und ukrainische Jugendliche in Taizé aufeinandertreffen und die Spannungen, die
es zwischen ihren Ländern an den Grenzen gibt, mitbringen.
O-Ton 3 Frère Timothée: Wenn dann russische Jugendliche
und ukrainische Jugendliche auf einem neutralen Boden bis zu einem gewissen
Grad sich über andere Dinge unterhalten konnten und merken konnten. Okay. Sind
auch junge Leute wie wir, die sich auch mit Fragen beschäftigen, die jetzt
zufällig auf unterschiedlichen Seiten politischer Landesmäßiger Art dann
stehen. Aber wenn man mal ein Gesicht hat, es ist immer schon wieder was
anderes, als wenn man irgendwie abstrakte Personengruppen über Medien
wahrnimmt. Und das bleibt natürlich etwas, was so im Rahmen der Treffen auch
sehr, sehr spannend ist.
Autorin: Die Treffen der Jugendlichen wirken wie ein Gegengift zu
Krieg und Gewalt.
O-Ton 4 Johanna Holzhauer: Man kann nur durch das Erfahren von anderen
sehen, dass sie keine Feinde sind, vor denen man Angst haben muss. Nur in der
persönlichen Begegnung gibt es diese Chance.
Autorin: Einen friedvollen
Silvesterabend und ein gesegnetes neues Jahr!
(1)
https://de.zenit.org/articles/unvollendeter-brief-von-frere-roger-von-taize/ (letzter Abruf
26.3.2018)
Weitere Informationen: http://www.taize.fr/de und https://taizerostock.de/das-treffen/