Nico jobbt nebenher. Die
Aufträge werden über eine App vermittelt, der Verdienst steht von vornherein
fest, normalerweise gibt es da keine Überraschungen. Nur neulich, da hat er was
ziemlich Krasses erlebt. 150 Euro waren vereinbart für einen Tag Kisten
schleppen bei einer Umzugsfirma. Nico hat direkt morgens angefangen. Das ging
ganz schön in die Knochen. Die Firma hatte Personalnot, mittags kamen noch
weitere Helfer dazu, auch am Spätnachmittag noch, die haben dann teilweise nur
noch eine Stunde gearbeitet.
Tja, und abends bekamen alle
ihren Lohn – und was passierte? Jeder bekam 150 Euro. Nico dachte nur: Hallo,
geht‘s noch? Ich schleppe den ganzen Tag Kisten für 150 Euro und ein anderer
nur eine Stunde und bekommt das Gleiche? Wie ungerecht ist das denn? Der Chef
aber meinte nur: 150 Euro waren vereinbart – und zwar mit jedem. Du hast deinen
vereinbarten Lohn bekommen – ist er etwa dadurch geringer geworden, weil ich zu
anderen so großzügig war? Joa, da fiel Nico dann erstmal nichts zu ein.
Diese Geschichte über eine spezielle Auffassung von Gerechtigkeit steht in der
Bibel. Nicht mit Nico und Kisten schleppen, sondern mit Arbeitern in einem
Weinberg, aber inhaltlich ist es genau das. Und die Geschichte regt mich immer
wieder auf. Weil ich es auf der einen Seite total ungerecht finde und mich
andererseits trotzdem frage: Könnte an dieser Form, miteinander umzugehen nicht
doch etwas dran sein?
Sprecher: Jan Primke
Redaktion: Daniel Schneider
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