Mut zum Frieden

Kirche in WDR3 | 24.01.2022 | 00:00 Uhr

Guten Morgen.

Im Ruhrpott bin ich wohl den mutigsten Frauen

begegnet, die ich je getroffen habe. Gemeinsam mit meiner Frau treffen wir uns

zum Essen und zum Reden. Sie sind zu Besuch aus Nigeria, einem Land voller

Vielfalt, einem Land, das sie lieben. Aber auch einem Land, dass in der Mitte

wie zerrissen ist. Geplagt von Konflikten die schon lange angelegt sind. Es

geht vor allem um Grenzen, Besitz und Macht. – Ganz gelegentlich schwappen die

Nachrichten zu uns, wenn wir hören von Boko Haram oder den 276 entführten

Schülerinnen von Chibok. Aber für diese Frauen, ist der Konflikt Alltag. Und

unter den zehntausenden Entführten, Verstümmelten und Toten sind auch ihre

Freundinnen und Nachbarn, sind Ehemänner und Kinder.

Diese Frauen setzen sich mit ganzer Kraft und

Leidenschaft, mit ihrem Leben für den Frieden ein. „Mothers for peace“ – „Mütter

für den Frieden“ werden sie genannt. Trotz aller Trauer, aller Wut, allem

Unverständnis gehen sie aufeinander zu wie Schwestern, gleich ob Christin oder

Muslima. Sie reden, trauern und feiern gemeinsam. Sie hören auf, Gerüchten zu

glauben und schieben nicht mehr Gott die Schuld in die Schuhe.

Elisabeth erzählt von ihrer jüngeren

Schwester und dem Dorf, wo sie lebte. Von dem Überfall und davon, dass deren

Familie ausgelöscht wurde. Verbrannt zu Asche. Wie das der Moment ist, in dem sie

Zweifel überkommen. Frieden? Echt jetzt? – Aber in der Trauer stehen ihr andere

Schwestern zur Seite. Christinnen und Musliminnen. Frauen, die ebenso

erschüttert sind und die ihr gleichzeitig sagen: Elisabeth wir brauchen dich!

Am Abend nach unserem Essen stehen wir

gemeinsam auf einer Bühne in Gelsenkirchen. Wir machen Musik, tanzen und

sprechen mit den Müttern für Frieden. Wir stimmen ein Lied an, ein Gebet. Und

die Frauen nehmen sich an den Händen. Sie könnten sich hassen. Doch sie haben

sich entschlossen, es nicht zu tun. Die Tränen laufen ihnen über die Wangen,

während sie mitsingen. Die Kraft ihres trotzigen Friedens ist greifbar.

Bring comfort to our

hurting souls

We’re longing for Your light, Your love

We pray for peace

We pray for peace

We pray for peace

Song: We pray for peace – Judy Bailey

Musik: Track 11 „We Pray For Peace“, von der CD: “Build A Bridge”

von Judy

Bailey & friends, Text / Komposition: Judy Bailey, Interpretin: Judy

Bailey & Tracey Riggan / Hersteller: DePoolMusic, Label: DePoolMusic, 2019.

EAN 4280000636058, LC29823.

Seit über 10 Jahren setzen sich diese Mütter

für den Frieden ein. Es ist noch lange nicht alles gut. Aber sie sind auch

nicht mehr allein. 23 muslimische und christliche Frauenorganisationen haben

sich ihnen angeschlossen zum „Women‘s Interfaith Coucil“. Sie führen

interreligiöse Dialoge und veranstalten Workshops zu Friedensbildung. Sie reden den Konflikt nicht schön,

sie gehen dorthin, wo es weh tut. Wenn wieder ein Anschlag war oder eine Entführung,

dann kommen sie, helfen und trösten und setzen sich dafür ein, dass der

Konflikt nicht wächst. Sie wollen den Teufelskreis durchbrechen.

Die Mütter für den Frieden aus Nigeria – sie

sind mir zum Segen geworden – und zur Ermahnung, wie in dem alten Bibelwort:

„Wendet euch ab von allem

Bösen und tut Gutes! Setzt euch unermüdlich und mit ganzer Kraft für den Frieden ein!“ (Die Bibel, Psalm

34,15, HFA).

Einen zufriedenen Tag – für

sich selbst und andere wünscht Ihnen, Patrick Depuhl aus Alpen.

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

Informationen: Die „Mothers of peace“ haben den Aachener

Friedenspreis 2021 erhalten.

https://www.dw.com/en/nigerian-interfaith-womens-group-awarded-aachen-peace-prize/a-59806114

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/56830_WDR3520220124DepuhlInternetfassung.mp3

  • 24.1.2022
  • Patrick Depuhl
  • © CCO Pixabay
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