Mein größter Wunsch

Sonntagskirche | 31.07.2022 | 00:00 Uhr

Guten Morgen,

eine sechste Schulklasse schreibt einen Aufsatz zum Thema: „Mein größter

Wunsch!“ Als die Lehrerin die Hefte korrigiert, bleibt sie an einem Text

besonders hängen, als sie liest: „Meine Eltern lieben ihre Handys sehr. Sie

kümmern sich so sehr um ihre Handys, dass sie mich dabei ganz oft vergessen.

Wenn mein Papa müde von der Arbeit heimkommt, schnappt er sich sofort sein

Handy. Dafür hat er Zeit. Aber für mich nicht. Er spielt sogar Spiele darauf,

aber nicht mit mir. Und wenn meine Eltern zu Hause arbeiten müssen und das

Handy klingelt, gehen sie sofort ran. Wenn ich sie bei ihrer Arbeit etwas

fragen will, bekomme ich meist keine Antwort. Auch dann nicht, wenn ich weine.

Deshalb ist mein allergrößter Wunsch, ein Handy zu werden!“

Auch mich haben diese Zeilen einer Schülerin sehr berührt.

Das Smartphone hat inzwischen bei sehr vielen den 1. Platz im Leben

eingenommen. Die Familie, die Kinder und Mitmenschen bekommen nur noch selten

die ganze Aufmerksamkeit. Denn mindestens ein Auge ist selbst während eines Gesprächs

oder beim Kinderwagenschieben immer auf das Smartphone gerichtet. Das

Smartphone kontrolliert mich, ich opfere ihm immer mehr von meiner Zeit und von

meinen Beziehungen. Das bleibt meinem Gegenüber auch nicht verborgen und das

enttäuscht. Doch – Gott sei Dank – es ist nie zu spät, mir das bewusst zu

machen. Nie zu spät, etwas zu ändern. Mir ist es ganz wichtig, dass ich in

meinem Alltag bewusst wahrnehme, wie es meinem Gegenüber geht. Dass ich ihn

oder sie ansehe und dem Menschen so auch Ansehen verschaffe. Dass er, dass sie

mir das Wert ist. Und ich bin ebenso dankbar, wenn mich jemand anschaut. Als

mir mein Arzt eine schwere Diagnose mitteilte und mich dabei liebevoll

anblickte, konnte ich das viel leichter annehmen. Diese Erfahrung machte bereits

eine verzweifelte Frau, von der uns im ersten Buch Mose in der Bibel berichtet

wird. Erleichtert rief sie laut im Gebet: „Du bist ein Gott, der mich sieht!“

(1. Mose 16,13). Sie fasste daraufhin neuen Mut und erkannte eine neue

Lebensperspektive für sich. So vertraue auch ich täglich darauf, dass Gott mich

sieht: Wenn ich dankbar eine schwere Krankheit überstanden habe. Wenn ich fast

resigniert vor einer schwierigen Aufgabe oder Entscheidung stehe. Wenn ich

beglückt die Geburt und die weitere gute Entwicklung meiner Enkel erlebe. Und

auch, wenn ich mich hilflos fühle, weil ich einen geliebten Menschen verloren

habe. Ich weiß und vertraue darauf, dass Gott mich sieht und mich begleitet.

Wunderschön drückt dies auch ein fröhliches Lied von Susanne Brandt (Text) und

Miriam Buthmann (Musik) aus:

„Du bist ein Gott, der mich anschaut. Du bist die Liebe, die Würde gibt.

Du bist ein Gott, der mich achtet. Du bist die Mutter, die liebt“ (1).

Das wünsche ich Ihnen und mir auch für diesen Sonntag: dass wir alle die bei

uns sind und denen wir heute begegnen mit Liebe anschauen. Und dass wir ihre

Anliegen, Fragen und Sorgen ernst nehmen. Und heute vielleicht sogar unser

Smartphone mal ganz aus dem Blick und Gehör verlieren!

Quelle:

(1) https://www.google.com/search?client=firefox-b-d&q=youtube+du+bist+ein+gott+der+mich+anschaut

(zuletzt abgerufen am 01.03.22)

Redaktion:

Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/58751_SK20220731Brueck.mp3

  • 31.7.2022
  • Werner Brück
  • © CCO Pixabay
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