Schutz

Kirche in WDR3 | 29.11.2022 | 00:00 Uhr

Guten Morgen!

Wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin, trage ich

meistens keinen Helm. Dabei weiß ich, dass ein Fahrradhelm ein wichtiger Schutz

ist.

Vor vielen alltäglichen Gefahren kann ich mich selber

schützen. Der Helm beim Radfahren, eine warme Jacke im Winter gegen die Kälte

oder der Sicherheitsgurt im Auto – der ist sogar Pflicht. Vor anderen Gefahren

werde ich geschützt. Ein Damm schützt mich vor Hochwasser, eine Impfung vor

einem Virus und wenn es einmal richtig heikel wird, sind Rettungskräfte

hoffentlich schnell zur Stelle.

Einen besonderen Schutz wünschen sich Eltern für ihre

Kinder. Gerade Eltern tun oft alles, um ihre Kinder zu schützen – vor

sichtbaren und unsichtbaren Gefahren. Wenn ich mit Eltern eine Taufe

vorbereite, dann zeigt sich das immer wieder. Wir sprechen darüber, welchen

Taufspruch sie sich für das Kind ausgesucht haben, das getauft werden soll. Der

Taufspruch ist ein Satz aus der Bibel. Und er ist so etwas wie ein Vorzeichen

fürs Leben des kleinen Kindes. Und dieses Vorzeichen soll natürlich ein gutes

sein.

Ein sehr beliebter Taufspruch steht in Psalm 121. „Der

Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele.“ (Psalm 121,7) Schutz

und Sicherheit von Gott als Vorzeichen für das Leben des Kindes, das nimmt ein

wenig Sorge von den Schultern der Eltern. Sie hoffen, dass Gott mit dem kleinen

Wesen durchs Leben geht und es in dunklen Zeiten an Leib und Seele bewahrt.

Ich frage die Eltern gerne: Erinnern Sie sich an Ihren

eigenen Taufspruch? Sonst lesen Sie ihn doch einmal nach. Vielleicht kommen darin

auch gute Wünsch und die Sehnsucht nach Begleitung und Schutz im Leben vor.

Diese Wünsche teilen viele Menschen und das seit jeher.

Denn immer wieder erlebe ich

auch Situationen, in denen mir vermeintlich niemand wirklich helfen kann, kein

Rettungsdienst und kein Fahrradhelm. Wenn ich traurig bin, wenn ich bei einer

Aufgabe scheitere oder nach einem Verlust nicht weiß, wie es eigentlich weiter

gehen soll.

Nicht selten spüre ich in

solchen Situationen, inmitten von Verzweiflung und dunklen Gefühlen, dass ich

nicht alleine bin, dass ich getragen bin. Aber das ist ja nicht immer und vor

allem nicht automatisch so. Taufspruch hin oder her. So ein Bibelspruch ist

keine Zauberformel.

Gottes Schutz funktioniert

nicht nach unseren Regeln, wie bei einer Winterjacke oder einem Sicherheitsgurt.

Ich kann ihn nicht abrufen, messen oder klar erkennbar machen. Die Texte in der

Bibel erzählen immer wieder davon: Gott gibt mir sein Versprechen. Er ist da,

wenn ich ihn brauche, auch wenn ich nicht mit ihm rechne. Das kann ich spüren. Wenn

ein Freund mir zuhört und meine Tränen aushält. Wenn meine Familie wie selbstverständlich

da ist, wenn ich sie brauche.

Mein eigener Taufspruch ist

leider verloren gegangen. Vielleicht schlummert er auch noch in irgendeiner Kiste

im Keller meiner Mutter oder auf irgendeinem unscheinbaren Dokument in

irgendeinem Ordner. Aber ich bin mir sicher: Er ist voll von guten Wünschen,

voller Begleitung und voller Schutz. Vielleicht wartet er auch nur darauf,

irgendwann wiederentdeckt zu werden. Womöglich genau zur richtigen Zeit, wenn

ich ihn brauche.

Ihr Pfarrer Oliver Mahn aus

Köln.

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/59675_WDR3520221129Mahn.mp3

  • 29.11.2022
  • Oliver J. Mahn
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