Gottvertrauen, Ma`am

Kirche in WDR3 | 09.09.2022 | 00:00 Uhr

Guten Morgen.

„Be strong and of good courage.“

Frei übersetzt: Sei stark und fürchte dich

nicht.

Ein Satz, der mit Queen Elizabeth eng

verknüpft ist.

Im Februar 1952 besteigt Elizabeth Alexandra

Mary Windsor den Thron. Und im Juni 1953 feiert die Welt die Krönung von Queen

Elizabeth II. auf den Straßen Londons und im ganzen Commonwealth. Möglich

macht’s die Liveübertragung im Fernsehen. Es herrscht Aufbruchstimmung.

Mit Elizabeth besteigt eine humorvolle und

scharfsinnige Frau den britischen Thron. Das Commonwealth freut sich auf seine

junge, schöne Königin und gleichzeitig bröckelt es an allen Ecken und Enden. 70

Jahre und 214 Tage wird von da an Elizabeth tun, was sie schon als Prinzessin

versprochen hat: "Ich

erkläre, dass mein ganzes Leben, mag es kurz oder lang sein, dem Dienen

gewidmet sein soll."

Also Krönung, Während sich die 27-jährige

Elizabeth in Westminster Abbey umgeben von Geistlichen nichts anmerken lässt

von Lampenfieber oder von der Angst vor der eigenen Courage, singt der

Westminster Chor: „be strong and of good courage“. – Sei stark und fürchte dich nicht.

Ein Satz von Gott. Ein Satz aus der Bibel.

Der sicher auch einer Königin guttut. Die auch das weltliche Oberhaupt der

anglikanischen Kirche ist. Ein Satz, der nach Gottvertrauen schreit. Denn das

Motto von Elizabeth II. „never explain – never complain“ – also: „niemals

erklären, niemals beschweren“ – heißt ja nicht, frei von Angst zu sein;

heißt ja nicht perfekt und über alles erhaben zu sein. Vielmehr beschreibt es

Elizabeths Arbeitshaltung: effizient und nüchtern. Und mit einem Hauch Humor.

„Man sollte sich selbst nicht zu ernst

nehmen, niemand hat das Monopol auf Weisheit.“, soll sie gesagt haben. Ihre Premierminister, all die

Regierungen, die sie in den über 70 Jahren kommen und gehen sah, die sahen das

anders. Nicht zuletzt Boris Johnson, bei dem es mir an ihrer Stelle sicher

schwergefallen wäre, dieses „never explain – never complain“.

Ich habe sie bewundert, die Queen. Und ich

habe mich ein ums andere Mal gefragt, warum gibt’s bei uns nicht so eine

humorvolle kleine Frau, die allein durch Anwesenheit Mut macht: Mut dazu,

Farben zu tragen, Mut dazu, mit kleinen Gesten, politische Statements zu

setzen, Mut dazu, für mehr einzustehen als nur für sich selbst. Ich denke da an

das pro Europa-Statement, einfach durch die Wahl der Farbe ihrer Kleidung.

Mit Queen Elisabeth II. ist gestern, am 08.

September 2022 eine meiner Heldinnen gestorben. Mein ganzes Leben lang habe ich

nach England geschaut und die Prinzen William und Harry um so eine Großmutter

beneidet. Meine konnte nämlich weder Jeep fahren noch Panzer reparieren. Dafür

war meine aber da, wenn ich traurig war.

Äußerlich schien sie stark, ja hart.

Im letzten Jahr hat dann die Welt mit ihr

getrauert. Das Bild der Queen, allein im Chorgestühl von Westminster Abbey geht

mir nicht aus dem Kopf. Prinz Phillip war gestorben. Und nach 75 Jahren Ehe,

nach all den Jahren voller Liebe sagt Elizabeth: „Trauer ist der Preis, den

wir für Liebe zahlen.“ Und so gut es geht, macht sie weiter: Sei stark und

fürchte dich nicht. Das ist vielleicht das eigentliche Motto dieser Frau, die

mir sehr fehlen wird.

In aller Unsicherheit, Gottvertrauen wie die

Queen haben, das wünsche ich mir für mein Leben und das wünsche ich Ihnen. Denn

Gott ruft uns allen – royal oder eben auch nicht – zu: „Sei stark und

fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir.“

So

bleibt mir zu sagen:

„Thank

you for your service, Ma’am!“

Es

grüßt Sie, Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel aus Odenthal.

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/59190_WDR3520220909RiedelAustauschbeitrag.mp3

  • 9.9.2022
  • Julia-Rebecca Riedel
  • Foto copyright: Debbie Fan (unsplash)
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