Vom Wandern

Sonntagskirche | 18.09.2022 | 00:00 Uhr

Guten Morgen.

Heute schon was vor? Vielleicht möchten

Sie ja mit mir mitkommen. Bei mir hier, neben dem Frühstückstisch, steht mein

noch fast neuer Wander-Rucksack bereit für diesen Tag. Neue Sachen geben mir

immer so ein freudiges Kribbel-Gefühl. Heute ist es auch noch Vorfreude dazu:

Ich will mich heute bewegen. Im Wald. Zu meinem Glück gibt es fast direkt

vor meiner Haustür ein riesiges Wandergebiet. Und Wandern, das tut mir einfach

gut, habe ich festgestellt. Es gibt mir das Gefühl, im wahrsten Sinne des Wortes ein Stück

rauszutreten aus dem Alltag. Um dann, Schritt für Schritt, mir selbst immer

näher zu kommen. Mir selbst und den Gedanken, die sonst keinen Platz haben.

Und, ich bin ehrlich: Manchmal komme ich auch Gott im Wald näher als in einer

Kirche.

Wenn der Schotter unter meinen Schuhen

knirscht oder der weiche Waldboden sanft federt; wenn der Wind in den Blättern

rauscht und in einer Birke ganz anders klingt als in einer Kiefer. Dann ist es,

als könnte ich der Schöpfung beim Atmen lauschen und mit den Füßen Gottes

Fingerspitzen berühren.

Für mich kein Wunder, dass Wandern zum

neuen Trend geworden ist. Bäume und Berge statt Ballermann – mir gefiel das ja

schon immer besser. Ich staune nur ab und zu wie manche Menschen

unterwegs sind. Wenn ich mit meinen dicken Wanderschuhen über Stock und Stein

kraxle und dabei von Vätern in Flipflops, mit Kind auf den Schultern überholt

werde zum Beispiel. Und wenn diese dann dabei noch entspannt direkt am Abgrund

laufen, wo neben ihnen der Fels 600 Meter in die Tiefe fällt. Gerade erst

wieder bei meinem Sommerurlaub in Norwegen erlebt. Ich frage mich dann immer:

Habe ich jetzt neben meiner Höhenangst einfach nicht genug Gottvertrauen, bin

ich total unsportlich oder einfach nur nicht wahnsinnig genug?

Ich hab´ jetzt gelesen: In einigen

Bereichen Italiens muss man inzwischen bis zu 2500 Euro Strafe zahlen, wenn man

beim Wandern in Flipflops erwischt wird. Weil dann doch inzwischen zu viele

Menschen in Not geraten. Also: Doch lieber Wanderschuhe und Vorsicht.

Obwohl: Zu biblischen Zeiten gab es auch

kein festes Schuhwerk. Was wohl Mose an den Füßen trug, als er die Israeliten

durch die Wüste führte? Und als er auf den Berg Sinai kletterte, um dort die

Zehn Gebote in Empfang zu nehmen? Und vermutlich haben die Väter und Mütter auf

dem Weg durch die Wüste auch ihre Kinder auf den Schultern getragen. Da war

aber ganz sicher viel Gottvertrauen – und weniger Wahnsinn – mit den Wandernden

auf dem Weg. Gottes Volk – Sie merken es – ist übrigens schon von Anfang an ein

wanderndes Volk. So neu ist der Trend also gar nicht. Auf Gottes Wort hin

machten sich schon immer Menschen zu Fuß auf den Weg.

Vielleicht ist das ja auch was für Sie

heute: Gehen Sie einfach ein Stück, mit Gott. Vielleicht in den Wald.

In der Bibel steht: „Glücklich ist der

Mensch, der Lust hat an der Weisung Gottes. Er gleicht einem Baum, der am

Wasser gepflanzt ist. Er trägt Früchte zu seiner Zeit und seine Blätter welken

nicht.“ (Psalm 1,1-3 in Auszügen, frei nach Luther 2017, Bibel in gerechter

Sprache)

Quellen:

Flip-Flop-Verbot

in Italien: https://www.sueddeutsche.de/panorama/italien-flipflop-verbot-1.4352604 (zuletzt abgerufen am 15.08.22)

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/59104_SK20220918Kirschkowski.mp3

  • 18.9.2022
  • Daniela Kirschkowski
  • © CCO Pixabay
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