Silvester – die frohe Botschaft allem zum Trotz

Kirche in WDR2 | 31.12.2021 | 00:00 Uhr

Heute ist Silvester und dann Neujahr „und dann, und

dann fängt das Ganze schon wieder von vorne an!…“. (Rolf Zuckowski)

Einerseits neues Jahr neues Glück, andererseits wenn

ich auf 2021 schaue, dann doch eher: „Da fängt der ganze Mist schon wieder von

vorne an?“

Diese „Es-wird-schon-alles-gut-wir

müssen-nur-durchhalten“ – Sprüche ziehen bei mir irgendwie nicht mehr.

Ich bin misstrauisch geworden, ob wir Menschen

eigentlich wirklich noch zu retten sind.

Wir Christen behaupten das ja. Dass das Kind in der

Krippe wirklich retten kann.

Ein Retterbaby, das die Mächtigen zu Fall bringt, die

Traurigen tröstet, und die Schwachen stark macht. Das zu glauben, fällt mir

gerade schwer.

Ich habe zu viele ungetröstete Traurige gesehen, zu

viele Mächtige, die ungehindert ihrer Machtlust frönen und die Rechte ihrer

Mitmenschen mit Füßen treten.

Aber dann kommt mir mal

wieder, die Weihnachtsgeschichte dazwischen.

Ich stelle mir vor: Ich bin eine Hirtin. Ich sitze auf

dem dunklen, kalten Feld, deprimiert von Corona und den unzähligen Krisen, in

denen wir sonst noch so stecken. Ich schiebe meinen Dienst. Passe auf, dass die

Schafe nicht vom Wolf gefressen werden und drehe mich in Gedanken um mich

selbst. Und dann gehen plötzlich alle Lampen an, als hätte wer die Scheinwerfer

eingeschaltet. Aus dem Nichts tauchen lauter sprechende Engel auf. Sie

verkündigen die frohe Botschaft und reißen mich aus meinem schwarzen Loch. Die

glitzern und leuchten und sagen dann auch noch zu allem Überfluss: „Fürchte

Dich nicht!“

Ich widerspreche dem Engel: „Wie bitte. Äh, doch, ich

fürchte mich, so viel ich will. Schau Dich doch mal um, wie schrecklich das

hier auf der Welt alles ist. Wie soll das je besser werden? Durch einen Windelträger

in einem Stall! So ein Quatsch!“

Aber zu meinem Erstaunen lässt sich der Engel von mir

nicht aus dem Konzept bringen. Er macht seine schräge schrille „Es-ist-euch-heute-der-Heiland-geboren“-

Nummer einfach solange weiter, bis ich langsam doch neugierig werde.

Was, wenn er doch Recht hat. Was, wenn ich ihm

vertraue und mich dahin bewege, wo er mich hinschickt?

Und plötzlich bewegt sich was in mir an diesem

Silvestermorgen. Ich weiß nicht was, aber es bringt mich irgendwie dazu, von

meiner Position abzurücken.

Das neugeborene Jesuskind verändert

nichts daran, dass die Welt an vielen Stellen dunkel ist und bleibt, aber es

trägt das Versprechen in sich, dass mit jedem neuen Leben, die Karten wieder

neu gemischt werden. Vielleicht auch mit jedem neuen Jahr. Es besteht zumindest

die Chance und das ist eine wirklich gute Nachricht, finde ich.

Redaktion: Pastorin Sabine

Steinwender-Schnitzius

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  • 31.12.2021
  • Judith Uhrmeister
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