Ich frage Merle spontan, ob sie Lust hat, später mit essen zu
gehen. Unser gemeinsamer Kollege Theo ist übers Wochenende in der Stadt. Merle zuckt
mit den Achseln. „Ich hätte schon Bock, aber hab echt kein Geld diesen Monat.
Du weißt doch, ich muss mein Handy reparieren lassen.“ Ich sage: „Und wenn ich
dich einlade?“ „Ja, ok. Schreib mir dann einfach, wohin wir gehen.“ Mit diesen
Worten steigt sie in den Bus.
„Ja, ok.“. Was eine blöde Antwort. Kein Danke, keine Freude
in ihren Augen, Nichts. Stattdessen habe ich das Gefühl, die Einladung wurde
gnädig angenommen. Doch was erwarte ich eigentlich? Vielleicht ist es ihr sogar
unangenehm, dass sie kein Geld fürs Essen gehen hat und deswegen die Reaktion.
Interessant, oder!? Wenn wir jemandem ein großzügiges Angebot
machen, dann schwingt oft ein Hintergedanke mit. Oder eine Erwartungshaltung.
Dabei war mein spontaner Impuls eigentlich: Ich lade Merle ein, weil ich sie
dabeihaben will. Ich weiß, dass sie sich freut.
Klar ist Dankbarkeit angebracht, aber: davon sollte mein
Angebot nicht abhängig sein.
Sprecherin: Lisa Kielbassa
Redaktion: Daniel Schneider
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