Loslassen – wenn Kinder ausziehen

Kirche in WDR2 | 15.05.2023 | 00:00 Uhr

Wir sind in die Jahre

gekommen – ich und meine Freundinnen. Die Kinder gehen aus dem Haus. Ihre

eigenen Wege. In´s Studium, in`s Ausland in`s Praktikum. Die Kinderzimmer

werden umgestaltet. Endlich habe ich jetzt einen Yogaraum, sagt eine Freundin.

Es klingt wenig überzeugend. Sie versucht das Beste aus ihrem Schmerz zu

machen. Streicht die Wände lila und stellt einen Buddha auf. Nicht etwa, weil

sie Buddhistin ist, sondern weil er sie beruhigt.

Meine Freundin und ihre

Tochter simsen viel. Wenn ihre Tochter ihr nicht sofort antwortet, ist sie traurig.

Mensch Maya, du musst deine Tochter jetzt loslassen, bekommt sie immer wieder

zu hören. Als würde das so einfach gehen. Das eigene Kind loszulassen.

Loslassen, das ist schwer.

Was heißt das eigentlich? Loslassen? Sich trennen, sich verabschieden, auf

Neues hoffen. Manchmal ist da einfach ein Loch. 20 Jahre hat man sich nur um

das Kind gekümmert. Natürlich neben all dem anderen. Dem Job, dem Haushalt, dem

Freundeskreis, der Verwandtschaft, den eigenen Hobbies. Und der Partnerschaft

natürlich – die ist ja auch kein Selbstläufer.

Aber das Wichtigste sind doch

immer die eigenen Kinder. Wenn die weg sind, ist da ein Loch.

Und aus dem Loch kriechen

dann plötzlich andere Probleme hervor. Die Eltern machen sich breit. Jetzt hast

Du doch Zeit, Dich endlich mal um uns zu kümmern, heißt es dann. Ja, ja. Aber

will man das? Ist die Beziehung zu den eigenen Eltern so gut? Manchmal ja,

manchmal nein. Oder die ersten Krankheiten melden sich. Die Hüfte, das Kreuz,

die Ohren.

Und etwas anderes schmerzt –

das Älterwerden. Es gibt einfach so viel Unwiederbringliches.

Das Schöne – es lässt sich

nicht wiederholen. Und mit den Fehlern muss man leben. Was habe ich in der

Erziehung falsch gemacht? Eine Frage, die quält – insbesondere, wenn Kinder

eigene Wege gehen. Keine vorgefertigten, abseits vom Mainstream, auf Sicherheit

pfeifend. Die Sorgen der Mütter – sie hören nicht auf.

Loslassen braucht Zeit. Deshalb

kann ich allen verlassenen Müttern nur raten, seid gnädig mit euch selbst.

Lasst die Anderen quatschen. Jede bestimmt ihr Tempo selbst. Jede Mutter ist

anders und jedes Kind auch. Manche Kinder brauchen noch mehr Begleitung. Das

hat nichts mit Helikoptereltern zu tun, sondern mit Liebe.

Loslassen, das heißt aber

auch sich verabschieden und auf das Neue hoffen – es erwarten. Im Vertrauen auf

Gott. Und deshalb wird ein Kind Vater und Mutter verlassen – heißt es in der

Bibel. Und die Mütter dürfen auf das Neue hoffen und es erwarten. Wo ein Loch

ist, bleibt kein Loch. Es schließt sich. Mit etwas Neuem. Auch das ist ein

Prozess. Und es wird schön.

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  • 15.5.2023
  • Sabine Steinwender
  • © CCO Pixabay
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