Ich
lese über ein psychologisches Experiment. Man gibt Versuchspersonen zwei Aufgaben:
Sie sollen zuerst Holzspulen auf ein Tablett legen, dann das Tablett leeren.
Und dann wieder von vorne anfangen. 30 Minuten lang. Danach bekommen sie ein
Brett mit Holzhaken. Die sollen sie drehen. Immer eine halbe Drehung im
Uhrzeigersinn. Auch 30 Minuten lang. Völlig sinnfrei. Und quälend langweilig.
Danach wird ausgewertet. Vorher allerdings hat der Versuchsleiter noch eine
eigenartige Bitte: „Nach Ihnen kommt noch jemand für dieses Experiment.“, sagt
er. „Könnten Sie dem bitte sagen, dass das Experiment unglaublich spannend war?
Ich würde Ihnen diese kleine Lüge auch bezahlen.“ Viele nehmen das Angebot an.
Später
werden die Versuchspersonen dann gefragt, wie sie selber dieses Experiment
fanden. Und – erstaunlich – diejenigen, die nicht gelogen haben, sagen: „Das
war das Sinnloseste, das ich jemals gemacht habe.“ Aber diejenigen, die gelogen
haben, sagen voller Überzeugung: „Das hat richtig Spaß gemacht!“ Das Experiment
offenbart eine menschliche Schwäche. Diejenigen, die gelogen haben, wissen: So
etwas tut man nicht. Schon gar nicht für Geld. Aber niemand hat gerne ein
schlechtes Gewissen. Also biegen sie die Wahrheit so lange zurecht, bis sie zur
Lüge passt. Unbewusst. Und dann fühlt es sich gleich richtiger an.
So
machen Menschen das. „Ich konnte ja gar nicht anders. Ich war ja regelrecht
gezwungen. Eigentlich war das doch ok. Und überhaupt, die anderen sind ja noch
viel schlimmer.“ Man kennt das. Die Wahrheit den eigenen Bedürfnissen anpassen
funktioniert. So gut, dass es oft einfach automatisch abläuft. Es macht das Leben
leichter. Der Nachteil ist: Es verändert nichts. Das Falsche bleibt einfach so,
wie es ist.
Darum
empfiehlt die Bibel etwas Anderes: Ehrlichkeit. Zumindest sich selbst
gegenüber. „Was ich da gemacht habe, war eben nicht ‚eigentlich ok‘. Ich war
nicht wirklich gezwungen. Und ob die anderen noch viel schlimmer sind als ich,
ist doch eigentlich auch ziemlich egal. Es ist mein Fehler. Punkt. Kein Aber.“
„Tut
Buße!“ (Offb. 3,3) So heißt das in der Bibel. Und das ist, auch wenn es
angestaubt und ein bisschen nach Moralpredigt klingt, eigentlich gar keine
dumme Idee. Wer es wagt, seinen Fehler zuzugeben, muss ihn nicht wiederholen.
Mit anderen Worten: Nur der, der zugeben kann „Ich bin nicht so, wie ich sein will.“, hat die Chance, ein bisschen
mehr so zu werden, wie er sein will.
Klingt nach einem guten Tipp.
Quelle:
Julia Shaw, Böse, München ²2020, S. 208ff
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius
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