Guten
Morgen.
Wer Christus
ist, lässt sich am besten kulinarisch verstehen.
So
beschreiben es zumindest seine Gegner, wenn sie sagen:
„Dieser nimmt die
Sünder an und isst mit ihnen.“
Beim
Essen zeigen sich ja schnell Unverträglichkeiten der verschiedensten Art.
Da
kommen Dinge zusammen, die scheinbar nicht zusammengehören.
Wer
einmal ein größeres Essen organisiert hat, weiß wovon ich rede.
Das
fängt bei den Speisen an:
Vegetarisch,
vegan, fruktarisch, Diabetes, Zöliakie,
Lactose-Intoleranz, Nahrungsmittelallergie.
Und
es geht bis zu den Menschen, mit denen man isst:
– Die
Unverträglichkeiten damals:
Juden
und Heiden, Sklaven und Freie, Männer und Frauen.
–
Unverträglichkeiten heute: Klima-Wandel-Leugner oder Umweltaktivistin,
AfD-Wähler, rote Socke, strenge Muslima, radikale Feministin, Fans von Florian
Silbereisen oder Richard Wagner, Bayern München oder Union Berlin.
Sie
können das wahlweise ergänzen.
Christstein
heißt: Miteinander essen können. Mit allen anderen.
Das
wird sichtbar, wenn Sie in eine unserer gut 1.000 evangelischen Kirchen im
Rheinland gehen.
Da
gibt es ganz verschiedene Kirchen: mit Kreuz und – gut reformiert – auch ohne.
Mit
hoher, niedriger oder manchmal ganz ohne Kanzel.
In
allen Kirchen aber steht ein Tisch. An diesem Tisch feiern wir Abendmahl, an
ihn lädt Jesus Christus uns ein. In christlicher Sprache: der „Tisch des Herrn“.
Der
Tisch Jesu Christi als Herrn der Welt unterscheidet sich dabei markant von den
Tischen der vermeintlichen Herren der Welt.
Etwa
der Tisch von Wladimir Putin.
An
einer sieben Meter langen weißen Tafel sitzt Putin vor Kopf und hält alle Gäste
als Bittsteller auf maximalem Abstand.
Der
Tisch Christi dagegen ist ein Tisch ohne feste Plätze, ohne oben und unten.
Auch
Petrus, der Christus verleugnet, auch Judas, der ihn ausliefert, auch die
anderen, die Christus im Stich lassen, sie alle haben an ihm Platz. Und mit
ihnen auch ich.
Die
Kirchen haben lange darüber gestritten,
wie
Christus im Abendmahl gegenwärtig ist, wer teilnehmen darf.
Entscheidend
ist für mich: Christus ist der Einladende. Wir alle sind Gäste.
Das
eigentliche Thema beim Streit um das Abendmahl war und ist oft Macht:
Wer entscheidet, wer am Tisch Christi Platz nehmen darf und wer nicht?
Ist
es Christus als Einladender oder sind es seine kirchenamtlichen Türsteher?
Pointiert formuliert: Christus ist im Anderen
gegenwärtig.
Wenn wir einander ausschließen, schließen wir
Christus aus.
Jesus Christus hat seinen Jüngerinnen und
Jüngern gesagt:
„Gebt Ihr den Menschen zu essen.“
Wir sind gesandt, mit anderen zu essen und
Hungernde satt zu machen.
An Tischen ohne Sitzordnung und Zugangskontrolle.
Ganz konkret und wörtlich.
Geh hin zu denen, mit denen sonst niemand
isst.
Setz Dich mit ihnen an einen Tisch.
Und gib mit Deinem Essen letztlich Dich
selber hin
Das mag etwas sozialromantisch klingen.
Doch genau darin liegt für mich das Wesen
christlichen Glaubens:
mit anderen essen, allen anderen, im
Vertrauen darauf, dass Christus selbst dabei anwesend ist.
Ihr
Thorsten Latzel, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
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