Der letzte Tag

Kirche in WDR2 | 20.04.2022 | 00:00 Uhr

Filmabend bei uns zuhause.

„Don’t look up!“ steht auf dem Programm. Eine Endzeitgroteske, in der drei

Wissenschaftler verzweifelt versuchen, der Welt klarzumachen: Ein riesiger

Komet wird auf der Erde einschlagen und sie vollständig vernichten. Nur:

Niemand interessiert sich dafür. Die Politik sorgt sich um Umfragewerte, die

Wirtschaft fragt mehr nach Gewinn als nach Rettung. Und die Gesellschaft

spaltet sich: In Kometen-Realisten auf der einen Seite, und Kometen-Leugner auf

der anderen. Das kommt mir bekannt vor. Und ist wirklich gut gemacht. „Was

würdest du machen?“, sagt meine Frau. „Was?“, frage ich. „Ja“, sagt sie, „Was

würdest du machen, wenn du wüsstest: Die Welt geht unter?“ Tja, was würde ich

machen? Keine Ahnung. Noch nie wirklich drüber nachgedacht. Obwohl: Anlässe, an

das Ende der Welt zu denken, gibt es ja leider im Moment mehr als genug. Ich

komme ins Grübeln: Auf jeden Fall so viel Zeit wie möglich mit meiner Familie

verbringen. Wir sitzen einfach zusammen. Weil wir uns wichtig sind. Und wir

sagen uns das auch. Weil uns klar geworden ist: Es ist alles andere als selbstverständlich,

so zusammen zu sein. Die kleinen Alltagsstreitigkeiten verkneifen wir uns. Um

keine Zeit zu verschwenden. Ich denke, ich werde auf jeden Fall versuchen, mich

auszusprechen mit den Menschen, mit denen es letzthin nicht so gut gelaufen ist.

Denn ich will, dass es wenigstens am Ende gut ist zwischen uns. Was tue ich? Alte

Freunde anrufen. Noch einmal richtig gut essen. Ohne Kalorien zu zählen. Und

einfach jeden Moment genießen. Jeden Augenblick nutzen für das, was mir wirklich

wichtig ist. Jesus nennt das einmal „Schätze im Himmel sammeln“ (Mt 6, 20).

Einen Reichtum im Herzen sammeln, der nicht von der Welt abhängt. Und der darum

Bestand hat, selbst wenn alles andere um einen herum kaputt geht. Das würde ich

machen. Allerdings – an einer Frage hänge ich seit diesem Abend noch: Wenn es doch

etwas gibt, das mir so wichtig ist, dass ich damit meine letzten Stunden füllen

würde – Miteinander und füreinander da sein, Liebe, Versöhnung – warum kommt

genau das jetzt im Moment in meinem Leben so wenig vor? Aber das, was ich dann auf

keinen Fall brauchen kann, weil es meine letzten Stunden verschwenden würde –

Streit, all die Oberflächlichkeiten, all diese rein materiellen Dinge – genau

das nimmt jetzt oft so viel Raum ein. Es kann doch nicht sein, dass ich erst

auf das Weltende warte, damit ich anfange, mein Leben mit dem zu füllen, was

mir wirklich wichtig ist! Da muss ich echt noch mal drüber nachdenken.

Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/57933_WDR220220420Schroedter.mp3

  • 20.4.2022
  • Thomas Schrödter
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