Fragen

Kirche in WDR3 | 13.01.2023 | 00:00 Uhr

Guten Morgen,

Seit einem knappen Jahr bin ich jetzt

Schulpfarrerin an einem Berufskolleg.

Das Unterrichten macht mir viel Freude,

besonders die Fragen der Schülerinnen und Schüler gefallen mir. Ihre kritische

Sicht auf manches Thema und das Hinterfragen im Religionsunterricht berühren

mich. Und genauso auch die

Fragen, die sie sich für ihre Zukunft im Beruflichen und Privaten stellen.

Und umgekehrt merke ich, wie sehr ich in der

Unterrichtsvorbereitung darauf angewiesen bin die richtigen Fragen zu stellen: damit ein Thema in Gang kommt und sich die

jeweilige Klasse mit ihren Lebensfragen angesprochen fühlt.

Ich merke: Je klarer die Fragen, desto klarer

die Antworten. Je offener die Fragen, umso interessierter sind die Schülerinnen

und Schüler.

Fragen kommen aber natürlich nicht nur in der

Schule vor.

Das Fragen gehört zum Menschen dazu, wie die

Luft zum Atmen.

Als kleines Kind fangen wir mit dem Fragen an.

Vieles ist uns unbekannt.

Ganz schön anstrengend für die Erwachsenen.

Weil man vielleicht nicht auf jede Frage eine

Antwort weiß. Oder weil es einem schwer fällt auf manche Frage eine Antwort zu

geben. Weil man nicht weiß, wie man´s dem Kind sagen soll.

Kinder machen es einem aber auch auf der

anderen Seite leicht: Sie zeigen einem deutlich, wann ihnen die Antwort auf

ihre Frage reicht.

Und Kinder stellen manchmal Fragen, die sich

ein Erwachsener nicht trauen würde zu stellen.

Das Fragen hört unser Leben lang nicht auf.

Durchs Fragen lernen wir, wachsen wir,

entdecken uns selbst und unsere Umwelt.

Durchs Fragen bekommen wir Antworten. Und neue

Fragen.

Die Fragen, die wir stellen, bewegen uns.

Lassen uns nicht los.

Es gibt keine dummen Fragen, sagt man.

Ob das stimmt, weiß ich nicht.

Aber die allermeisten Fragen haben einen Sinn.

Manchmal wünsche ich mir, ich würde aufhören,

mich das ein oder andere zu fragen.

Besonders da, wo ich das Gefühl habe, die

Antwort wird mir nicht gefallen.

Oder bei den Fragen, wo ich genau weiß, dass

ich keine Antworten kriege.

Nicht in dieser Welt.

Ein Leben ohne Wieso? Weshalb? Warum? wäre

bestimmt entspannter.

Einfach genießen zu können, was ist – ohne es

zu hinterfragen.

Und Fragen loslassen, die mich schon lange

quälen.

Aber je länger ich darüber nachdenke, denke

ich auch:

Ein Leben ohne Fragen wäre Stillstand.

Und vielleicht ist es am Ende auch hier

einfach eine gute Mischung, wieviele und welche Fragen es braucht.

Fragen können löchern und bohren.

Aber Fragen können auch Initialzündungen sein,

motivieren, und Erkenntnisse bringen.

Oft ist entscheidend wer sie, wann und wo

stellt.

Eine Frage, die Jesus immer wieder den

Menschen gestellt hat, die ihn aufgesucht haben, lautet: Was willst Du? Was

soll ich für dich tun? (Lukas 18,41. Basisbibel)

Und diese Frage setzt dann immer irgendwas in

Gang, oft was ganz Unerwartetes.

Jesus stellt seine Frage als offene Frage und

meint nicht schon zu wissen, was der andere braucht. Er zeigt so ehrliches

Interesse an dem Fragenden. Und so kann der in Ruhe und ohne Druck nach einer

Antwort suchen, die ihm hilft. Er fühlt sich ernst genommen und nicht

bevormundet.

Vielleicht brauchen wir ja mehr Fragen dieser

Art, wenn wir nach Antworten suchen.

Das fragt sich Pfarrerin Anne Wellmann aus

Tönisvorst

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/60118_WDR3520230113Wellmann.mp3

  • 13.1.2023
  • Anne Wellmann
  • © Foto von Jon Tyson auf Unsplash
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