Licht aus dem Osten für die flutgeschädigten Häuser an der Ahr

Kirchengemeinde Sinzig erhält 30 Herrnhuter Sterne aus Sachsen

Sinzig/Dresden. Die Evangelische Kirchengemeinde Sinzig hat eine Spende von 30 Herrnhuter Sternen aus Sachsen erhalten. Diese Sterne sollen nun in der Adventszeit verteilt werden und die leeren Fenster von Häusern erhellen, die durch die Hochwasser-Katastrophe beschädigt wurden. Den nachfolgenden Text über die Hoffnungsaktion stellen wir den Redaktionen unentgeltlich zur Verfügung. Ein Foto von Pfarrerin Kerstin Laubmann finden Sie hier .

 

Im Flur von Kerstin Laubmann versperrt ein riesiges Paket den Weg. Es enthält – Licht. Licht für die leeren, dunklen Fenster in den Sinziger Straßenzügen, die im Juli von der Flutkatastrophe betroffen waren. „Im Augenblick erzählen die leeren Fenster vom Warten: darauf, dass das Haus trocknet; darauf, dass die Handwerker kommen“, sagt Laubmann. Ab dem ersten Advent ziehen die Pfarrerin und ihre Kollegin Johanna Kuhn los, um das Licht aus dem Paket zu verteilen – in Gestalt kleiner, weißer Herrnhuter Sterne.

Die Sterne sind ein Symbol dafür, wie sehr die Naturgewalt im Sommer alles verändert hat, selbst die vertrauten Hilfswege. Nord hilft Süd, West hilft Ost, das kennt man. Aber plötzlich bedankt sich die rheinische Kirche für Hochwasser-Spenden aus Afrika. Und die Evangelische Kirchengemeinde Remagen Sinzig, zu Hause dort, wo die Ahr in den Rhein mündet, erhält 30 Herrnhuter Sterne aus Sachsen, um „Licht in die Häuser zu tragen“, wie Kerstin Laubmann es formuliert.

Erinnerung an Unterstützung bei den Hochwassern der Elbe

In Sachsen weiß man, was Flut bedeutet. Die Hochwasser der Elbe in den Jahren 2002 und 2013 sind nicht vergessen. Matthias Weismann, dem früheren Superintendenten des Kirchenbezirks Leipziger Land, ist „die überwältigende Unterstützung, die wir aus den alten Bundesländern erfahren haben“, noch gut in Erinnerung. Ursprünglich wollte er daher im vergangenen Sommer seine Hilfe als Seelsorger anbieten. Daraus ist nichts geworden. Aber als der 68-Jährige über das rheinische Landeskirchenamt von der Idee in Sinzig erfuhr, war er sofort begeistert. Nicht nur, weil er die Sterne gerade in der Adventszeit als eine „gut gemeinte, zeichenhafte Spende“ versteht. Sondern auch, weil der Ursprung dieses weitverbreiteten Traditionsschmucks ebenfalls in Sachsen liegt.

Zusammensetzen des Herrnhuter Sterns leitet den Advent ein

Schmuck? Für Kerstin Laubmann ist der Herrnhuter Stern viel mehr als das. „Er ist gefüllt“ – gefüllt mit unverbrüchlichen Erinnerungen an den Beginn der Adventszeit. In einem Begleitbrief schildert sie sehr persönlich das behutsame jährliche Zusammensetzen der Pergamentspitzen durch ihren Vater, bis der Stern schließlich fertig war. „Wenn er den dann in unserem Kinderzimmer aufhängte, dann war für mich Advent.“ Bis heute verbinde sie daher mit diesem Stern „die Stille und Konzentration und das liebevolle Basteln meines Vaters, um uns Kindern diesen schönen Stern für den Advent zu schenken, alle Jahre wieder. Und das milde weiße Leuchten an den Abenden.“

Im Nahen Osten spielt die Weihnachtsgeschichte

Dass dieses Leuchten jetzt aus dem Osten an die Ahr kommt, bettet die Pfarrerin in einen vielschichtigen Zusammenhang ein. Im Osten geht die Sonne auf, von dort dringt das Licht in den Tag vor. Der Osten ist auch der Ursprung der Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam. Im Nahen Osten spielt die Weihnachtsgeschichte. „Jedes Jahr hören wir auch von den drei Weisen aus dem Morgenland, die einem Stern folgen und etwas finden, das sie nicht erwartet und dennoch erhofft haben.“ Und jetzt der Wunsch, dass auch von diesem Stern aus dem Osten Deutschlands Hoffnung ausstrahlt. Und zwar in jeder Lage: Wo die Leitungen wieder funktionieren, gibt es Sterne mit Stromanschluss; wo nicht, hilft Batteriebetrieb.

Buchhandlung übernimmt Verpackung und Versand

Matthias Weismann hat zugesehen, dass er die Sendung noch vor dem ersten Advent auf den Weg brachte. Die christliche Buchhandlung in Meißen, bei der er die Sterne in der Kürze aufgetrieben hatte, war von der Idee so angetan, dass sie Verpackung und Versand übernahm. Dabei ist die Kollekte, die das Ganze finanzieren soll, noch gar nicht erfolgt: Der Theologische Seniorenkonvent „Schwarzer Kaffee“ in Dresden, bei dem sich einmal im Monat emeritierte Pfarrer, Pfarrerinnen, Ehepartner, Witwen und Witwer treffen, wird coronabedingt voraussichtlich auf sein für Montag geplantes Adventstreffen verzichten müssen. „Aber das kriegen wir schon hin“, ist Weismann überzeugt. Hauptsache, dass die Sterne rechtzeitig eingetroffen sind. „Ein bisschen Licht für die Schwestern und Brüder“, Licht aus dem Osten.

Zwei sächsische Gemeinden steuern ihre Kollekten bei

Inzwischen ist weitere Unterstützung aus Sachsen angekündigt. Die Evangelisch-Lutherische St.-Martins-Kirchgemeinde Oberlungwitz war nach zwei Fluthilfe-Überweisungen auf das Spendenkonto der Diakonie auf der Suche nach einem konkreten Projekt. Nun soll die Heiligabend-Kollekte nach Sinzig gehen. Und auch die Evangelisch-Lutherische Marienkirchgemeinde Gersdorf, den Oberlungwitzern mittlerweile als Schwesterkirchgemeinde verbunden, wird sich anschließen und ihre Silvester-Kollekte zur Verfügung stellen. Noch vor dem Lichtfest Epiphanias am 6. Januar werden also viele weitere Sterne etwas Licht in die Dunkelheiten des Ahrtals bringen können. Die Idee zieht Kreise, das Licht aus dem Osten breitet sich aus.

  • 26.11.2021
  • Ekkehard Rüger
  • Pixabay/ASSY