Was in Krisen trägt

Kirche in WDR3 | 07.05.2022 | 00:00 Uhr

Guten Morgen.

Auf

dem Albertus-Magnus-Platz der Universität zu Köln drängeln sich viele

Studentinnen und Studenten. Endlich geht es wieder los. Nach zwei Jahren Corona

sind Mensen und Hörsäle wieder voll. Manche haben noch nie eine Hochschule von

innen gesehen. „Ich bin völlig irritiert, von den vielen Menschen überall“,

erzählt mir ein Medizinstudent im 5. Semester. „Das bin ich nicht gewohnt.“

In aller Zurückhaltung und Vorsicht ist die Freude

groß, dass Lernen und Leben jetzt wieder miteinander, von Angesicht zu

Angesicht stattfinden kann. Endlich darf wieder gemeinsam gefeiert und gelacht,

gelernt und gebüffelt werden.

Zwei

Jahre Pandemie – da gab es viel Frust und Enttäuschung: Praktika, Vorhaben,

Pläne mussten verschoben, manche Träume begraben werden. Die Motivation – im

Keller! Stundenlanges Sitzen vor dem Bildschirm, kein persönlicher Kontakt zu

Lehrenden.

Die

Studierenden selber beschreiben es so:

Sprecherin:

„Unsicherheit,

Einsamkeit, Aufpassen und Verzicht. Enttäuschung, Einschränkung,

Online Lehre. Abstand, Langeweile, Fernweh.

Und auch: Freunde, Familie, Spaziergänge, meine WG,

Wohnheim und Gemeinschaft…“

(aus einer Wortwolke bei einer Andacht von

Studierenden bei der Landessynode der EKiR, 2022)

Autorin: Manche konnten sich ablenken, ihren Alltag

einigermaßen bewältigen, viele aber nicht. Sie haben Angst vor

der Zukunft. Kommen nicht zurecht mit der digitalen Lehre, den Anforderungen

und dem Alleinsein. Sie suchen sich Hilfe. Brauchen Menschen, die ihnen

zuhören, sie trösten und aufbauen.

Sprecherin: „Mir

haben Gespräche geholfen. Es gab Menschen, die haben mich abgelenkt, welche,

die mir einfach nur zugehört und mir das Gefühl gegeben haben, da zu sein.

Zu meiner Überraschung gab es auch Menschen, die plötzlich von

sich aus angefangen haben, zu erzählen. Menschen, bei denen ich dachte, ich

würde sie so gut kennen, erzählen plötzlich, dass auch sie selbst schwierige

Situationen erlebt haben… Und plötzlich findet man Trost in den Geschichten der

anderen…“

(aus Beiträgen von Studierenden zu einem Gottesdienst zum Thema: Was

trägt uns in Krisen?)

Autorin: Trost in den Geschichten der anderen finden. Indem wir

miteinander teilen, was uns bewegt, traurig macht und fröhlich stimmt. Auch wütend werden lässt und

friedlich.

Zuhören, nachfragen, sich begegnen. Eine

Erfahrung, die trägt und Krisenzeiten aushalten lässt. So wie auch Musik und

Lieder, die aufbauen und Kraft schenken. So wie dieser Liedtext von Lauren Daigle:

Sprecherin: Bin ich mehr wert als die Summe meiner Höhen

und Tiefen?

Du sagst mir, ich werde geliebt, wenn ich es

selber nicht fühlen kann.

Du

sagst mir, ich bin stark, wenn ich denke, dass ich schwach bin.

Ich

nehme alles was mich belastet und lege es bei dir ab.

(Lauren Daigle, You Say Lyrics)

Autorin: Für einen Studenten war dieses Lied ein Trost. Ihn

erinnern diese Liedzeilen an ein Gespräch mit einem guten Freund. Und manchmal,

sagt er, findet all’ das auch unterbewusst statt: Wenn man nach einer schweren

Zeit wieder lachen kann, in einer liebevoll zubereiteten Mahlzeit, in guter

Gesellschaft oder freundlichen Worten nach einem anstrengenden Tag.

Ich

möchte mich gerne anstecken lassen von so viel Zuversicht.

Pfarrerin

Christiane Neufang aus Köln.

Redaktion: Landespfarrerin Petra

Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/58043_WDR3520220507Neufang.mp3

  • 7.5.2022
  • Christiane Neufang
  • © CCO Pixabay
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