Sabbatical

Kirche in WDR2 | 23.04.2022 | 00:00 Uhr

Ich mag die Zahl sieben und

ich mag Samstage, da fängt das Wochenende an. Egal ob ich da frei habe oder

nicht. Samstage sind anders als andere Wochentage. Mir gefällt die Vorstellung

der Bibel, dass der erste Tag in der Woche der Sonntag ist. Samstag endet das

Alte in Ruhe und Frieden. Sonntag beginnt etwas Neues.

Bei den Juden und Jüdinnen ist

das anders. Vom Sonnenuntergang am Freitag bis zum Sonnenuntergang am Samstag wünschen

sie sich „Shabbat Shalom“, einen friedlichen Shabbat. Das ist so viel mehr ist

als „nur“ ein „Schönes Wochenende“. „Shabbat Shalom“ ist mehr als die Abwesenheit

von Krieg, Gewalt, Streit oder Arbeit. Es ist ein Frieden voller Gerechtigkeit

und Versöhnung. „Shabat Shalom“ ist eine Verheißung und steht für Frieden mit

sich selbst, mit den anderen, der Schöpfung und mit Gott. Der Shabbat, der

siebte Tag in der Bibel, ist frei von Verpflichtungen ist in der Bibel heilig.

Ich finde das wunderbar. Heiligkeit hat nichts zu tun mit Arbeiten oder sogar

erkämpfen. Heilig sind nicht die Werke oder Ergebnisse oder Erfolge, sondern

die Zeit, in der alles anders ist.

Was ich mir wünsche, ist ein

regelmäßiges Sabbatical. Ein siebtes Jahr, in dem alles anders ist. Wo etwas zu

Ende geht, damit etwas Neues beginnen kann. Die Woche hat einen Zyklus, das

Jahr hat Jahreszeiten, aber was kommt danach? Eine endlose Aneinanderreihung

von Jahren. Was hat sich schon geändert von 2021 auf 2022. Nichts, das ist nur

eine Zahl, mit dem Jahreswechsel hat sich nichts geändert.

Ich träume von einem

Sabbatical für mich und auch für die Erde, die Tiere, uns alle.

Ein Jahr, in dem sich alles

erholen und zur Ruhe kommen kann – und Frieden findet.

„Sechs Jahre sollst du dein

Land bestellen und die Ernte einbringen.11Aber im siebten

Jahrsollst du es brachliegen lassen und nicht bestellen. Was wächst,

sollen die Armen deines Volkes essen. Was sie übriglassen, sollen die Tiere

fressen.“ So steht es vorne in der Bibel. (Exodus 23, 10 und 11)

Ich träume von so einem

Sabbatical für uns alle.

Nicht gleichzeitig für die

ganze Erde, aber für jeden, jede von uns alle sieben Jahre. Für jeden Menschen,

jedes Feld, jeden Bereich des Lebens, für alles, was lebt. Was wäre das für

eine Welt, in der alle so leben, dass sie immer wieder ein Jahr haben, in dem

sie zur Ruhe kommen und sich versöhnen können. Was wäre das für eine Welt, in

der wir uns nie von einem Stück Land oder einem Arbeitsfeld oder

Wirtschaftszweig so abhängig machen, dass wir nicht ein Jahr darauf verzichten

können. Was wäre das für eine Welt, in der besonders arme Menschen ernten

dürfen, was sie nicht gesät haben. Was wäre das für eine Welt, in der sogar für

die Tiere genug übrigbleibt? Ich glaube, es wäre eine andere Welt. Wir wären

alle anders.

Ich mag die Zahl sieben. Es

ist die Zahl der Vollkommenheit.

Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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  • 23.4.2022
  • Katrin Berger
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