Alles neu macht der Mai

Kirche in WDR3 | 02.05.2023 | 00:00 Uhr

Guten Morgen!

Und – waren Sie schon im Gartencenter? Ist Ihr Rasen gemäht,

gelüftet und gründlich gedüngt? Haben Sie schon den Balkon bepflanzt? Ist Ihre

Terrasse vom Moos befreit, mit Hochdruck gereinigt? Der Grill in Position

gebracht? Ist der Keller entrümpelt, der Boden unterm Dach gefegt? Hat also das

Frühjahr sich bei Ihnen schon herausgeputzt?

Seit gestern ist der Mai gekommen, und bekanntermaßen bringt

der nicht nur Bäume zum Ausschlagen, sondern macht auch sonst alles neu. Zu

keiner anderen Zeit des Jahres platzt das Leben so wunderbar aus allen Nähten

wie im Wonnemonat Mai. Blumenmond nannte man ihn früher auch, der herrlichen Blüte

so vieler Pflanzen wegen.

Kein Wunder, dass der Mensch von dieser

Frühlingswunderkraft sich nur zu gerne inspirieren lässt. Mai-Gänge und

Wanderungen, Wagen, mit sattgrünen Zweigen bekränzt, allenthalben Volksfeste rund

um den frisch geschmückten Maibaum. Und wie sehr der Lenz die Welt verhexen

kann, weiß man spätestens seit den Comedian Harmonists und ihrer Veronica.

Willkommen im Wonnemonat Mai.

Zum Kalender der Kirche übrigens fügt sich das alles glänzend.

Mitten in der österlichen Freudenzeit stehen wir gerade. Jubilate hieß

vorgestern der Sonntag, Jubilate, jubelt, freut euch, frohlockt. Das ist der Sound

für diese vierte Woche nach Ostern.

Geht’s noch?

Wird jetzt die eine oder der andere denken. Jubel,

Freude, Frohlocken – im Frühjahr 2023? Wirklich?

Ich kann doch nicht den Bäumen beim Ausschlagen

zugucken, wenn gleich in der Nachbarschaft Raketen und Granaten Städte und

Dörfer in Trümmer legen. Ich kann mich doch nicht kindlich freuen an Knospen

und Blüten, wenn der Klimawandel mir nicht mehr aus dem Kopf geht. Wie lange

funktioniert das noch mit Frühling, Sommer, Herbst und Winter?

Keine Ahnung.

Und dann gibt´s da in mir noch eine andere Seite. Ich

glaube: Gerade weil und wo das Leben bedroht und gefährdet ist, ja weil manche

es mit Füßen treten, hat es seinen tiefen Sinn, alle Zeichen des Lebens zu

achten. Es macht Sinn, die Zeichen des Lebens mit allen Sinnen wahrzunehmen,

hochzuschätzen, sich dankbar am Wunderwerk des Lebens und der Welt zu freuen.

Und darüber zu staunen. Wenn ich sehe, wie die Dinge zusammenhängen, wie hier

eins ins andere greift, ohne mein Zutun. Wenn ich begreife: Ich bin ein Teil

davon, mein Leben ist mit all dem tief verwoben, da lasse ich die Welt auf

keinen Fall tatenlos zum Teufel gehen.

Die österliche Freude übrigens ist immer eine

Dennoch-Freude. Die das Kreuz im Blick behält, an dem Jesus Christus gestorben

ist. Eine Dennoch-Freude, die die Macht des Todes und der Gewalt also

keineswegs vergisst. Dennoch setzt Gott auf das Leben – und liebt den Tod in

Grund und Boden.

Dennoch. Auferstehung Jesu Christi. Gott erweckt zu

neuem Leben. Deshalb glaube ich das: Wo wir das Leben achten und bewahren, wo wir

uns daran freuen und es deshalb schützen – da weht Gottes guter Geist. Immer

neu – beileibe nicht nur im Mai.

Es grüßt Sie, Ulf Schlüter aus Bielefeld.

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/60995_WDR3520230502Schlueter.mp3

  • 2.5.2023
  • Ulf Schlüter
  • © CCO Pixabay
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