Ankommen

Kirche in WDR3 | 04.12.2021 | 00:00 Uhr

Guten Morgen.

Große Ereignisse werfen bekanntlich ihre

Schatten voraus. Das Weihnachtsfest wirft in der Adventszeit schon sein Licht

voraus – auf das Kommen Jesu in diese Welt.

Haben Sie sich eigentlich schon mal gefragt,

wie es wohl für Jesus war, in Gottes eigene Schöpfung einzutauchen?

Ich war vor einiger Zeit in meiner alten

Heimat im Norden von Duisburg. Die Straßenbahn fährt dort noch immer an der

großen Brauerei vorbei. Früher roch es im Stadtteil manchmal nach frisch

gegorener Maische und der Himmel war definitiv grauer. Doch von den Geschäften,

an die ich mich noch erinnere, ist kein einziges mehr da. Es ist ein völlig

anderer Stadtteil heute, in dem ich mich erst neu zurechtfinden müsste.

Ob Jesus sich auch erst mal zurechtfinden

musste, als er in dieser Welt geboren wird?

Schließlich liegen die Schöpfungstage schon

eine halbe Ewigkeit zurück. Die Menschen hatten schon deutliche Spuren

hinterlassen und Städte, Straßen und Brücken gebaut.

Doch Jesus interessiert sich, soweit wir

wissen, nicht für Architektur, sondern für Menschen. Er kommt bei einfachen

Menschen an. Sein Ziehvater ist Handwerker und viele seiner Freunde Fischer.

Jeder C-Promi bekommt heute mehr

Aufmerksamkeit und hat mehr Follower als Jesus. Aber ihm kommt es nicht auf

viele Likes und maximale Aufmerksamkeit an.

Die Großen seiner Zeit bekommen von Jesus

erstmal gar nicht viel mit. Sein Interesse gilt den Ausgegrenzten und

Abgeschriebenen. Kranke rührt er an. Kleine nimmt er in Schutz und Große in die

Pflicht.

Jesus kommt in seine Welt und kommt doch

nicht an. Jesu Liebe ist einfach grenzenlos und passt jenen nicht, denen ihre

eigenen Grenzen heilig sind. Jesus bleibt fremd in der Welt: all den

selbstgefälligen Diskussionsrunden, mit ihrem selbstgerechten Reden zum

Beispiel, die einem das Gefühl vermitteln: Du hast keine Ahnung. Du bist

keiner von uns. Du gehörst nicht hierher.

Dieses Gefühl kenne ich. Ich habe es selbst

durch meine Umzüge an verschiedenen Orten in mehreren Bundesländern hin und

wieder erlebt. Und ich kenne Menschen, die ihr Leben lang nie richtig angekommen

sind.

Ankommen ist ja gar nicht so leicht, in einer

neuen Stadt, einer neuen Schule oder Arbeit. Die Gegend ist anders und die

Menschen auch. Und für diese Menschen bin ich eben auch anders. Mein erster

Umzug ging ausgerechnet nach Bayern und war eine echte Herausforderung. Manches

ist mir fremd geblieben, nicht nur sprachlich. Doch manchmal war es gerade

diese Fremdheit, die eine Begegnung spannend machte.

Und damit bin ich wieder beim Advent, der

Ankunft von Jesus in dieser Welt. Jesus ist immer ein Fremdkörper geblieben,

bis zu seinem Tod am Kreuz. Er ist im besten Sinne „welt-fremd“, weil er etwas

völlig Neues in diese Welt gebracht hat.

Gottes Barmherzigkeit und

Menschenfreundlichkeit, die auf einmal zum Greifen nahe sind. Und die man an seinen

Worten und Taten ablesen kann. Er kommt zu denen, die sich in dieser Welt fremd

fühlen und sich nach etwas anderem sehnen. Sie kommen zu ihm und er kommt ihnen

ganz nah. Wie wichtig ist das, gerade in Zeiten von Corona?! Dass wir einander

nicht fremd werden, sondern bei aller Vorsicht auch wieder Nähe zulassen. Und

dass so etwas von der Menschenfreundlichkeit Gottes schon jetzt im Advent in

unserem Leben aufscheint.

Ihr Heinz-Bernd Meurer aus Velbert.

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/56821_WDR3520211204Meurer.mp3

  • 4.12.2021
  • Heinz-Bernd Meurer
  • © CCO Pixabay
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