Guten Morgen!
Mal ehrlich: Kann ein Monat besser
beginnen? Gestern Sonntag, heute Monatserster – und statt Montagsblues direkt mal
Feiertag. Ausschlafen, ausführlich frühstücken, kurz nach dem Wetter gucken und
dann: „Mach, was du willst.“ Was will man mehr? Für die allermeisten heißt es heute:
Arbeit? Gott bewahre!
Wobei man der Arbeit an einem
01. Mai am Ende eben NICHT entgehen kann. Im Gegenteil: der ganze schöne freie Feiertag
ist gerade ihr gewidmet. „Tag der Arbeit“, „Tag der Arbeiterbewegung“,
„Internationaler Kampftag der Arbeiterklasse“ – die Namen variieren, das Thema ist
weltweit das gleiche. Australische und amerikanische Arbeiter haben das Datum im
19. Jahrhundert durch ihren Kampf erobert. Statt täglich zwölf sollten künftig
acht Stunden Maloche genügen – an sechs Tagen in der Woche wohlgemerkt. Generalstreiks,
Massenaussperrungen, Protestmärsche und Demonstrationen – man stritt erbittert
um eine erträgliche Arbeitszeit. Bis Anfang Mai 1886 die Lage in Chicago eskaliert.
Bombenterror, Schusswechsel, Tote und Verletzte, zum Tode verurteilte
Arbeiterführer. Der Kampf um den Achtstundentag schafft Mythen und Märtyrer; der
so genannte Haymarket Riot, benannt nach dem Schauplatz der Ereignisse am Chicagoer
Haymarket Square, wird zum Ursprung des „Labor Day“. Drei Jahre später beschließt
die Sozialistische Internationale, diesen Tag weltweit zum Tag der Arbeit auszurufen.
Und heute?
In vielen Ländern der Erde
ähneln die Arbeitsbedingungen immer noch dem 19. Jahrhundert. Gnadenlose
Endlosschichten für einen Hungerlohn, rechtlose Arbeitsmigranten mitten in
Europa, der Skandal der Kinderarbeit – all das ist weiterhin Realität.
Und doch ist was geschafft:
Bei uns hat der lange Kampf der Gewerkschaften nach und nach andere
Verhältnisse geschaffen. Sozialversicherungen, Tarifsysteme, Arbeits- und
Kündigungsschutzgesetze, Mindestlohn und Mitbestimmung – der Markt wird in
diesem Teil der Welt sozial gestaltet und gebändigt. Jedenfalls, wenn es nach
Recht und Gesetz geht. Gott sei Dank! Bei allem, was dauerhaft zu tun und zu
verbessern bleibt.
Bei uns in NRW übrigens hat dieser
01. Mai laut Feiertagsgesetz einen eigenen Namen: „Tag des Bekenntnisses zu
Freiheit und Frieden, sozialer Gerechtigkeit, Völkerversöhnung und
Menschenwürde“. Da kommt zusammen, was zusammengehört. Und dafür lohnt es sich
zu arbeiten, 365 Tage im Jahr. Das gilt ganz besonders auch für die für die
christlichen Kirchen – die übrigens damals nicht auf Seiten der Arbeiter gestanden
haben.
Freiheit und Frieden, soziale
Gerechtigkeit, Völkerversöhnung und Menschenwürde: Darum geht’s, das gibt dem
Leben seinen Sinn – in Gottes Namen und um Himmels Willen. Ein Blick in die
Bibel genügt. Schauen Sie mal bei Psalm 146. Zeit wäre ja heute.
Es grüßt Sie, Ulf Schlüter
aus Bielefeld.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
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