„Pfarrer arbeiten eine Stunde
pro Woche. Nämlich Sonntag morgens im Gottesdienst.“
Immer, wenn mich mein Vater
ein bisschen ärgern will, bringt er diesen Spruch. Dabei weiß er, dass das
Quatsch ist. Natürlich beschränkt sich meine Arbeit nicht bloß auf Gottesdienste.
Andererseits – wieviel arbeiten Pfarrer eigentlich tatsächlich? Und was machen
sie die ganze Woche über? Wenn kein Gottesdienst ist?
Wir sitzen bei einer kleinen
Geburtstagsfeier, als ich mit dieser Frage konfrontiert werde. Die Frau, die
sie gestellt hat, fügt hinzu: „Du hast doch bestimmt keine 40-Stunden-Woche,
oder?“ Da hat sie Recht, das muss ich zugeben. Ich habe keine 40-Stunden-Woche.
In der Regel komme ich auf gut 50 Stunden pro Woche.
Bei dieser Antwort schauen
mich alle erstaunt an. Sie haben wohl erwartet, dass ich deutlich weniger arbeite.
Aber wer weiß schon so genau, was ein Pfarrer alles zu tun hat. Also beginne ich
aufzuzählen. Gottesdienste, Beerdigungen und Hochzeiten haben noch alle auf dem
Schirm. Auch den Konfirmandenunterricht. Aber was dann noch an Besuchen
hinzukommt, an Sitzungen, Gremien, Büroarbeit und Vorbereitungen, wie viele
Leute bei mir überraschend vor der Tür stehen und wie viele repräsentative
Aufgaben ich habe – das hat sich keiner so vorgestellt. Im ersten Moment habe
ich bei meiner Aufzählung sogar glatt unseren Kindergarten vergessen – der
kommt natürlich auch noch hinzu. Und die Radioandachten hier auf WDR 2, die
sind dann eben „on top“.
Nicht, dass Sie mich falsch
verstehen – ich will mich nicht beklagen! Ich mag meinen Beruf und ich möchte
gar keinen anderen haben. Aber Pille Palle ist es nicht. Zu tun gibt es genug –
auch in Corona-Zeiten. Jedenfalls dann, wenn man den Beruf ernst nimmt. Dann
kann eine Gottesdienstvorbereitung locker acht Stunden dauern. Eine
Radioandacht mindestens vier bis fünf. Und für einen Besuch oder ein seelsorgerliches
Gespräch muss ich auf jeden Fall eine Stunde einplanen. Besser mehr.
Aber ich finde: Das ist es
wert. Nur so kann ich mich auf die Menschen einlassen. Kann herausfinden, was
ihnen gut tut und hilft. Kann entdecken, was der Bibeltext für den nächsten
Gottesdienst uns heute zu sagen hat.
Nicht, dass die Ergebnisse
dann immer toll wären. Aber die Leute merken zumindest: „Der hängt sich ‘rein
in seine Arbeit. Denkt darüber nach, was er sagen will. Und meint ernst, was er
sagt. Muss also wohl was Wichtiges sein, das mit dem Glauben. Und mit Gott.“
Redaktion: Pastorin Sabine
Steinwender-Schnitzius
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