
Der moosige Boden gibt nach,
ein sanfter Wind streicht durch Baumwipfel. Irgendwo ruft ein Vogel, das Laub
raschelt – ich atme tief durch, ich atme auf. Und spüre: innere Ruhe.
„Waldbaden“ heißt das auf Neudeutsch.
Früher für mich eine spießige Sonntagsfamilienpflicht – der Waldspaziergang –, heute
ist er zu einem Therapeutikum geworden: Gegen Stress und Burn-Out und zum
Reinigen der Lunge, raus aus den versmokten Städten rein in die Natur.
Die Japaner haben übrigens
das mit dem Waldbaden erfunden und schon viel länger als wir erforscht. Da gibt
es inzwischen viele Studien. Und die belegen: Der Wald ist heilsam. Schon der
Anblick von Bäumen genügt: der Blutdruck sinkt, der Puls verlangsamt sich und
die Konzentration des Stresshormons Kortisol nimmt ab. Dafür steigt die Anzahl
der Immunzellen, also der Abwehrzellen.
Wald tut gut, Herz und Seele.
Ich kann darum auch Menschen gut verstehen, die Gott besonders in der Natur
finden. Der Wald schenkt Heil und Segen. Unsere Ahnen, die Germanen, kannten
noch Waldgeister und Baumgötter und verehrten sie. Das Christentum ist da
skeptischer. Der Baum ist kein Gott, aber er ist christlich gesprochen Teil der
Welt, die Gott erschaffen hat.
Es gibt in der Bibel viele
schöne Worte über den Wald: „Der von Gott geliebte Mensch ist wie ein
immergrüner Baum gepflanzt an Wasserbächen, beständig
und voller Lebenskraft“ heißt es im Psalm 1 im Alten Testament. Der Baum ist
hier so etwas wie der Spiegel unserer Seele.
Man sieht einem Baum wie
einem Menschen an, ob es ihm gut geht. Ob er am rechten Standort steht. Ob er und
wie er Früchte trägt.
Und der Wald ist ein guter
Ort, um Kraft und Hoffnung zu schöpfen. So was, wie ein guter Freund. Der
Prophet Jesaja schreibt einmal an sein Volk vor vielen Jahrtausenden am Ende
einer sehr bitteren Zeit im Exil: „Wenn die Verbannten nach Krieg und
Zerstörung zurückkehren in die Heimat, dann jubeln auch die Bäume und Wälder.“ (Jesaja
44,23).
Schauen wir also genau hin,
wie es unseren Wäldern geht. Denn die Natur kann viel erzählen, wie es uns
Menschen geht. Und darum ist es so wichtig, dass wir den Wald erhalten,
bewahren und auch neu wertschätzen lernen.
Im Wald verbinden sich Himmel
und Erde. Ich habe jetzt wieder eine Beerdigung in einem Friedwald gehabt. An
einem geschützten Platz in einem Waldstück die letzte Ruhe finden – hier, wo sich
Zeit und Ewigkeit verbinden. Im Kreislauf der Natur und der Jahreszeiten.
Jeder Weg in den Wald ist für
mich daher ein Gewinn. Laut einer jüngsten Studie zeigt das Spazieren im Wald bereits
nach 20 Minuten eine gesunde Wirkung. Ich kann das nicht wirklich messen, aber
ich kann´s ausprobieren. Auf geht´s!
Quelle (u.a.): https://www.fitbook.de/health/natur-gesund#h-eine-stunde-in-der-natur-beruhigt-das-gehirn
https://www.quarks.de/gesundheit/waldbaden-zum-stressabbau/ (beide Links zuletzt abgerufen am 19.10.22)
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/59529_WDR220221104Gerhardt.mp3