„Machen Sie bitte ihre Uhr ab“,
sagt der Physiotherapeut und legt sie auf einen Stuhl. Später muss ich schnell
los und werfe sie wahllos in meinen Rucksack. Zuhause finde ich sie nicht mehr.
Ich räume den Rucksack aus, gucke in jede Ecke, mache den Klettverschluss an
jeder kleinen Innentasche auf, nichts. Habe ich sie doch in der Praxis
vergessen? Ich rufe dort an. Nein, hier ist keine Uhr gefunden worden. Einige
Tage später suche ich meinen Rucksack erneut ab, wieder nichts. Mist!
Fast ein halbes Jahr später
fliegt die Uhr zusammen mit einem Buch im hohen Bogen aus dem Rucksack: Ich
freue mich und denke: so ist es irgendwie auch mit meinem Glauben an das Gute,
die Liebe, den Frieden, an Gott. Manchmal scheint er mir weg, verloren, durch
grausamste Bilder der Kriege, durch hasserfüllte Worte, durch abgrundtiefe,
zerstörerische Gewalt, verschüttet im Bösen, eingewühlt in Gesten und Worten
der Erniedrigung.
Und dann taucht sie wieder
auf. Unerwartet. Ich halte die Uhr ans Ohr. Sie funktioniert noch. Und ich bete
leise: Gott, lass uns in diesen schweren Zeiten immer wieder Vertrauen, den
Glauben an das Gute, die Liebe und den Frieden finden. Lass uns Dich finden.
Sprecher: Jan Primke
Redaktion: Daniel Schneider
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