Guten
Morgen!
Frauen.
Leben. Freiheit. Diese drei Worte bewegen seit dem Tod von Mahsa Amini Frauen
in Iran, Frauen in Europa. Frauen in der Welt. Freiheit leben. Wie schön wär‘
das?
Seit dem Tod von Mahsa Amini am 16. September
mit nur 22 Jahren tanzen die Frauen in Iran. Meine Freundin Parisa – selbst mit
ihrer Familie aus Iran geflohen – teilt
immer wieder Videos aus ihrer Heimat: Frauen, die auf der Straße tanzen. Sie
tanzen mit Tüchern; mit ihren Kopftüchern. Ihre Haare glänzen dabei in der
Sonne. Im Hintergrund rufen Menschen: azadi – Freiheit. Ein Bild voller
Schönheit, voller Hoffnung.
Ist das nicht respektlos gegenüber Mahsa? Nein!
Denn in Iran dürfen Frauen nicht öffentlich tanzen. Sie dürfen auch
nicht singen. Und auch nicht ihre Kopftücher abnehmen. Die Sittenpolizei wacht
streng über das Verhalten von allen, die sich Freiheit wünschen – im
Zweifel wird tot-geschlagen, wer nicht spurt. Die tanzenden Frauen, sie
tanzen für Mädchen und Frauen wie Mahsa. Ihr Name ist längst zu einem
Schlachtruf geworden. Zum Schlachtruf für eine Freiheitsbewegung.
Neben diesen Bildern voller Hoffnung, teilt
Parisa aber auch Bilder, die ich nur schwer ansehen kann. Junge Frauen, die in
ihrem eigenen Blut auf der Straße liegen. Bilder von Protesten, Bilder von
Gewalt. Und immer wieder die Bitte: ‚Bete für meine Freundinnen, bete für meine
Familie in Iran, bitte bete!‘ Und immer wieder die Worte: ‚Ich fühle mich so
hilflos!‘
Ich fühle mich auch hilflos. Ich bete. Ich
bete mit den Frauen in Iran, mit den Männern, die sie unterstützen drei Worte:
Frauen. Leben. Freiheit. Gott. Frauen. Leben. Freiheit. Amen.
In den sozialen Medien trenden auch Wochen
nach Mahsas Tod Nachrichten mit den Schlagworten #IranProtests und #MahsaAmini –
wobei „trenden“ ein bisschen viel gesagt ist. Denn der Iran hat von
Staatsseite das Internet abgeschaltet und die sozialen Medien eingeschränkt.
Und so kriegt man Nachrichten nur über Freund:innen von Freund:innen. Und die müssen
sich bei jeder WhatsApp fragen, wieviel der Staat mitliest; sie hüten sich
zu viel zu sagen. Denn der iranische Staat demonstriert Macht.
Aber nicht nur in Teheran gibt es Proteste.
Und dabei geht es längst nicht mehr nur um das Kopftuch. Auch nicht mehr nur um
einen Islam, der scheinbar nichts von Hoffnung weiß, dafür aber so viel von
Angst. Längst geht es um mehr: Es geht um Freiheit. Und dafür, kann der Islam
auch stehen. Der Islam kann friedlich und freiheitlich sein. Es geht vor allem
darum, dass der Staat nichts im Griff haben soll – so lange im Griff haben
bedeutet, dass Menschen einfach so getötet werden können; auf Grund von
Religion, von Geschlecht, von Haltung, …
Mahsas Name bedeutet inzwischen: Freiheit und
Selbstbestimmung, Politik, die sich nicht kaufen lässt, … Ein Leben gegeben für
viele – unabsichtlich, einfach so, weil’s ein paar Männern nicht passte, wie
Mahsa ihr Kopftuch trug, dass sie Kurdin war, …
Frauen. Leben. Freiheit. Die Proteste in Iran
gehen weiter. Parisas und meine Gebete auch.
Dass
Frauen Freiheit leben können, wünscht sich Ihre
Pfarrerin
Julia-Rebecca Riedel aus Odenthal.
Redaktion: Landespfarrerin
Petra Schulze
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