Frauen.Leben.Freiheit

Kirche in WDR3 | 15.11.2022 | 00:00 Uhr

Guten

Morgen!

Frauen.

Leben. Freiheit. Diese drei Worte bewegen seit dem Tod von Mahsa Amini Frauen

in Iran, Frauen in Europa. Frauen in der Welt. Freiheit leben. Wie schön wär‘

das?

Seit dem Tod von Mahsa Amini am 16. September

mit nur 22 Jahren tanzen die Frauen in Iran. Meine Freundin Parisa – selbst mit

ihrer Familie aus Iran geflohen – teilt

immer wieder Videos aus ihrer Heimat: Frauen, die auf der Straße tanzen. Sie

tanzen mit Tüchern; mit ihren Kopftüchern. Ihre Haare glänzen dabei in der

Sonne. Im Hintergrund rufen Menschen: azadi – Freiheit. Ein Bild voller

Schönheit, voller Hoffnung.

Ist das nicht respektlos gegenüber Mahsa? Nein!

Denn in Iran dürfen Frauen nicht öffentlich tanzen. Sie dürfen auch

nicht singen. Und auch nicht ihre Kopftücher abnehmen. Die Sittenpolizei wacht

streng über das Verhalten von allen, die sich Freiheit wünschen – im

Zweifel wird tot-geschlagen, wer nicht spurt. Die tanzenden Frauen, sie

tanzen für Mädchen und Frauen wie Mahsa. Ihr Name ist längst zu einem

Schlachtruf geworden. Zum Schlachtruf für eine Freiheitsbewegung.

Neben diesen Bildern voller Hoffnung, teilt

Parisa aber auch Bilder, die ich nur schwer ansehen kann. Junge Frauen, die in

ihrem eigenen Blut auf der Straße liegen. Bilder von Protesten, Bilder von

Gewalt. Und immer wieder die Bitte: ‚Bete für meine Freundinnen, bete für meine

Familie in Iran, bitte bete!‘ Und immer wieder die Worte: ‚Ich fühle mich so

hilflos!‘

Ich fühle mich auch hilflos. Ich bete. Ich

bete mit den Frauen in Iran, mit den Männern, die sie unterstützen drei Worte:

Frauen. Leben. Freiheit. Gott. Frauen. Leben. Freiheit. Amen.

In den sozialen Medien trenden auch Wochen

nach Mahsas Tod Nachrichten mit den Schlagworten #IranProtests und #MahsaAmini –

wobei „trenden“ ein bisschen viel gesagt ist. Denn der Iran hat von

Staatsseite das Internet abgeschaltet und die sozialen Medien eingeschränkt.

Und so kriegt man Nachrichten nur über Freund:innen von Freund:innen. Und die müssen

sich bei jeder WhatsApp fragen, wieviel der Staat mitliest; sie hüten sich

zu viel zu sagen. Denn der iranische Staat demonstriert Macht.

Aber nicht nur in Teheran gibt es Proteste.

Und dabei geht es längst nicht mehr nur um das Kopftuch. Auch nicht mehr nur um

einen Islam, der scheinbar nichts von Hoffnung weiß, dafür aber so viel von

Angst. Längst geht es um mehr: Es geht um Freiheit. Und dafür, kann der Islam

auch stehen. Der Islam kann friedlich und freiheitlich sein. Es geht vor allem

darum, dass der Staat nichts im Griff haben soll – so lange im Griff haben

bedeutet, dass Menschen einfach so getötet werden können; auf Grund von

Religion, von Geschlecht, von Haltung, …

Mahsas Name bedeutet inzwischen: Freiheit und

Selbstbestimmung, Politik, die sich nicht kaufen lässt, … Ein Leben gegeben für

viele – unabsichtlich, einfach so, weil’s ein paar Männern nicht passte, wie

Mahsa ihr Kopftuch trug, dass sie Kurdin war, …

Frauen. Leben. Freiheit. Die Proteste in Iran

gehen weiter. Parisas und meine Gebete auch.

Dass

Frauen Freiheit leben können, wünscht sich Ihre

Pfarrerin

Julia-Rebecca Riedel aus Odenthal.

Redaktion: Landespfarrerin

Petra Schulze

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  • 15.11.2022
  • Julia-Rebecca Riedel
  • © Jose P. Ortiz on Unsplash
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