In
der kleinen Kirche sind viele junge Leute, Familien mit Kindern, aber auch
Eltern und Großeltern. Die meisten sind schick angezogen.
Es
ist ein katholischer Taufgottesdienst, ich bin auch eingeladen. Für mich ein
ungewohntes Ritual: Noch vor der Taufe, segnet der katholische Amtskollege die
beiden Täuflinge. Dazu legt er seine beiden Hände eng zusammen. So wie er das
macht, sieht es aus wie ein kleines Dach. Er fragt den Täufling: „Sag mal, wozu
ist so ein Dach eigentlich gut?“ „Damit es nicht reinregnet“, antwortet der
Junge. „Und im Sommer, wenn es richtig heiß ist?“ „Dann hat man Schatten.“
Schnell wird klar: So ein Dach beschützt. „Wenn ich euch so die Hände auflege,
sollt ihr spüren: So beschützt mich Gott“, sagt der Pfarrer.
Dann
predigt er über das Doppelgebot der Liebe: Du sollst Gott lieben und deinen
Nächsten wie dich selbst. Das ist das Wichtigste. Aber jetzt ist ja Krieg. Dass
Gott seine geliebten Menschen beschützt, dass er sein Dach aufspannt über
ihnen, das scheint da in den Kriegsgebieten nicht zu funktionieren. Wie kann
das sein? So fragt der Pfarrer. Seine Antwort ist einfach. Das passiert, wenn
Menschen nicht auf Gott vertrauen. Wenn sie Gott sogar vergessen. Ist doch
klar: Wenn ich glaube, dass Gott mich liebt und beschützt, dann weiß ich tief
in meinem Herzen, dass er auch den anderen liebt, und er oder sie genauso leben
darf wie ich. Dann werde ich doch niemandem Gewalt antun. Wo Menschen das
vergessen, irgendwelchen mächtigen Herrschern folgen und nicht Gott, dann kann
so etwas passieren wie Krieg. Manche Soldaten merken schon, wie falsch das
alles ist und desertieren, sie hauen ab. Sie wollen ihren Nächsten nichts
antun.
Das
hat der Kollege aber gut erklärt, denke ich. Später tritt noch eine der
Patinnen ans Mikrofon und liest diesen berühmten Text von Bettina Wegner:
„Ist
son kleines Rückgrat, sieht man fast noch nicht. Darf man niemals beugen, weil
es sonst zerbricht.“ Soldaten, die sich weigern in einem ungerechten Krieg ihre
Nachbarn zu bekämpfen, die haben so ein Rückgrat. Menschen, die Leid und Flucht
aushalten müssen, die brauchen so ein Rückgrat. Und Menschen, die Geflüchteten
ein Obdach bieten, die zeigen Haltung.
Obwohl
ich den Text von Bettina Wegener schon seit Jahrzehnten kenne, wirklich berührt
hat er mich bei dieser Taufe.
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius
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