Schläft er?

Kirche in WDR3 | 03.11.2022 | 00:00 Uhr

Guten Morgen!

Am 11. März 2020 erklärt die

Weltgesundheits-Organisation Covid19 zu einer Pandemie. Weltweit sind nun alle

Menschen von Corona betroffen.

An diesem Tag bringt eine kanadische Zeitung

eine Karikatur, die es in sich hat. Zwei Wellen, so groß wie Tsunamis, drohen

das Land zu überschwemmen. Die kanadische Landesflagge mit dem Ahornblatt scheint

im nächsten Augenblick unter den Fluten zu verschwinden. Auf der ersten Welle

steht: „Covid 19“. Die zweite ist mehr als doppelt so groß. Sie heißt „Rezession“,

wirtschaftlicher Niedergang.

Als ich diese Karikatur entdecke, sehe

ich fünf Wellen. Jede größer als die andere. Die dritte heißt nun

„Klimawandel“. Ihr folgt der „Verlust biologischer Vielfalt.“ Auf der größten Welle

steht schlicht und einfach: „Krieg“.

Graeme MacKay, der Schöpfer der beiden ersten Wellen,

beschreibt, wie seine Zeichnung sich im Internet selbständig gemacht hat. Die

Leute haben einfach Krise für Krise hinzugefügt. (1)

Ganz klein sieht man noch die Hochhäuser an

Land. In einer Sprechblase steht: „Wasche dir die Hände und alles wird gut!“ Der

Gedanke aus der ersten Corona-Zeit erinnert mich an einen Satz aus der Bibel:

„Ich wasche meine Hände in Unschuld“. (Psalm 26,6 vgl. Matthäus 27,24)

Manche verstehen das so: „Ich habe damit nichts zu tun. Seht ihr zu, wie Ihr

damit fertig werdet.“

Doch die Krisen gehen auch mich an. Ich denke

dabei an eine Szene aus der Bibel:

Ein starker Sturm zieht auf. Riesige Wellen bringen

ein kleines Boot fast zum Kentern. Darin Jesus und seine Freunde. Doch was tut

er? Jesus schläft. Er hat es sich auf einem Kissen im Boot gemütlich gemacht.

Seine Freunde schreien ihn an: „Macht es dir nichts aus, dass wir untergehen?“ (Matthäus

4,38 BasisBibel)

Das ist genau mein Gefühl. Die Flutwellen der

Krisen schlagen über mir zusammen. „Wo ist Gott, wenn ich ihn brauche?“ – „Wie

kann Jesus schlafen, wenn es seinen Leuten schlecht geht?“

Die Geschichte geht weiter. Jesus steht auf

und bedroht den Sturm. Die Wellen legen sich. Jesus fragt die Freunde: „Warum

habt ihr solche Angst? Habt ihr immer noch keinen Glauben?“ Aber die Freunde

staunen nur, dass Jesus den Sturm bezwingen konnte.

Sie fragen nicht, was sie selbst tun könnten. Hätten

sie nicht als erfahrene Fischer selbst das Boot in ruhige Gewässer führen

können? Hätten sie nicht die Wetterlage früher erkennen können?

Über Gott lese ich in der Bibel auch: „Der

dich behütet schläft nicht.“ (Psalm 121,3)

Im Gegenteil. Er rüttelt mich aus dem Schlaf

der Sicherheit. Er bringt mich dazu, etwas zu tun. Vorausschauend zu sein. Ja,

Hände waschen hilft in der Pandemie. Nachhaltige Wirtschaft setzt Signale gegen

Rezession und zeigt gleichzeitig Wege aus der Klimakrise. Und Zeichen des

Friedens müssen nicht als Kapitulation vor der Gewalt verstanden werden.

Wenn Jesus beim stärksten Sturm schläft, dann

sind ihm die anderen nicht egal, sondern er hält ihnen einen Spiegel vor: ‚Wacht

auf, ihr Schlafmützen! Malt nicht immer neue und noch höhere Wellen mit euren

Ängsten, sondern tut was! Arbeitet in eurem Umfeld daran, dass sich die Lage

etwas beruhigt. Wenn alle tun, was sie können, dann können viele Menschen,

viele Veränderungen bewirken.`

Einen gesegneten Tag wünscht Ihnen Pfarrer

Michael Nitzke aus Dortmund.

Quellen:

(1) https://mackaycartoons.net/2020/03/18/ (abgerufen 07.09.2022)

https://pbs.twimg.com/media/Eth6JT8XIAEWxc7?format=jpg&name=900×900 (beide abgerufen 07.09.2022)

Redaktion:

Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/59525_WDR3520221103Nitzke.mp3

  • 3.11.2022
  • Michael Nitzke
  • © CCO Pixabay
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