Not kennt keinen Unterschied – Katharina Zell

Kirche in WDR3 | 05.09.2022 | 00:00 Uhr

Guten Morgen!

Zuerst sind es 40

Leute, die sie aufnimmt. Es sollen später bis zu 3000 Verfolgte und Vertriebene

gewesen sein, um die sie sich mit einigen Freundinnen und Freunden aus ihrem

Umfeld gekümmert hat.

Die Rede ist von

Katharina Zell. Sie lebte vor fast 500 Jahren. Die Ehe von Katharina mit

Matthäus Zell steht von Anfang an unter einem besonderen Stern. Matthäus, ein katholischer

Stadtprediger ist vom geistlichen Oberhaupt ihrer Heimatstadt Straßburg, dem

Bischof, gebannt worden. Matthäus hat sich in seinen Predigten zu eindeutig der

Sache von Martin Luther angeschlossen. Der Rat der Stadt stellt sich aber vor

den beliebten Stadtprediger und liefert ihn nicht aus. Katharina heiratet

Matthäus 1523, zu einer Zeit, als nicht klar ist, wie die Sache mit ihrem Mann

ausgehen wird. Vielleicht ist es diese grundlegende Erfahrung, die für die

beiden zu einem leitenden Impuls ihres gemeinsamen Lebens wird: Es ist wichtig,

geschützt zu werden, gerade wenn man angeklagt ist.

Schon im Jahr

nach ihrer Hochzeit wird Jakob Otter, ein protestantischer Prediger aus

Kenzingen im Breisgau, aus seiner Stadt vertrieben – auf Anordnung der österreichischen

Regierung. Eine Gruppe von Kenzinger Bürgern gibt Jakob Otter Schutzgeleit, bis

er in Straßburg in Sicherheit ist. Als die Gruppe von Kenzingern in ihre

Heimatstadt zurückkehren will, ist die Stadt von österreichischen Truppen

besetzt. Der Zutritt zu ihren Häusern und Familien wird ihnen verwehrt. Den 40

Männern bleibt nichts anderes übrig, als wieder nach Straßburg zurückzukehren.

Dort ist es dann Katharina Zell, die mit einigen anderen Straßburger

Bürgerinnen und Bürgern die Versorgung der Gruppe organisiert. Nach einigen

Verhandlungen können die Kenzinger vier Wochen später wieder nach Kenzingen

zurückkehren.

Schon im

folgenden Jahr ist der Aufstand der Bauern in vollem Gange. Viele Bauern haben

sich zusammengeschlossen und Forderungen nach mehr Freiheit gestellt. Dabei

berufen sie sich immer wieder auf Martin Luther und seine Gedanken zur Freiheit

eines Christenmenschen. Alle Bemühungen der Stadtprediger zwischen den

Bauernführern und den Landesherren zu vermitteln, laufen ins Leere. Es kommt zu

bewaffneten Auseinandersetzungen und schließlich zu einer entscheidenden

Schlacht bei Schwerweiler im heutigen Frankereich. Das Bauernheer wird

geschlagen. 3.000 Frauen und Kinder werden zu Witwen und Waisen. Sie fliehen

und suchen ebenfalls in Straßburg Schutz. Weil ein großes Kloster in der Stadt

gerade aufgegeben worden ist, können viele der Flüchtlinge zunächst einmal dort

untergebracht werden. Wieder ist es Katharina Zell, die organisiert und auch

ganz praktisch Hand anlegt, wenn es darum geht, die Gestrandeten zu versorgen.

Später werden

auch noch die kommen, die von den großen Reformatoren wie Martin Luther

öffentlich verklagt und deswegen zur Flucht getrieben werden. Auch diese Leute

werden von Katharina Zell untergebracht und versorgt. In einer von ihr

überlieferten Stellungnahme schreibt sie: „Wir sind nit gezwungen gewesen,

eines jeden Meinung und Glaubens zu sein, sind aber schuldig gewesen, einem

jeden Lieb, Dienst und Barmherzigkeit zu beweisen: So hat uns unser aller

Meister Christus gelehrt.“ (1)

Ich meine, es

hätte den großen Geistern der reformatorischen Bewegung gut angestanden, sich

die Unerschrockenheit dieser mutigen Frau aus Straßburg in Sachen Nächstenliebe

zu eigen zu machen. Heute vor 460 Jahren, am 5. September 1562 ist sie gestorben.

Im Evangelischen Namenskalender wird an sie erinnert. Wie gut, dass es immer

wieder diese Menschen gibt – Menschen, die den Unterschied machen, weil sie in

der Not keinen Unterschied machen.

Einen erfüllten

Tag wünscht Ihnen Ihr Eberhard Helling, Pfarrer aus

Lübbecke.

Quellen:

(1) Jörg Erb, Wolke der

Zeugen, Stauda Verlag, Kassel, 1964, Bd. 2, S. 243–247.

https://de.wikipedia.org/wiki/Katharina_Zell, zuletzt abgerufen am 26.08.22

Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/59117_WDR3520220905Helling.mp3

  • 5.9.2022
  • Eberhard Helling
  • © Aamir Suhail on Unsplash
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