Opfer werden

Kirche in WDR2 | 07.03.2023 | 00:00 Uhr

„Dafür

habe ich echt gebraucht. Das hat mich richtig was gekostet. Ich hab´ trainieren

müssen und: das war eine echte Überwindung für mich. Mich zu wehren. Alles, um

kein Opfer mehr zu sein“. Sagt ein Jugendlicher, als ich versuche über den Teil

der Bergpredigt zu predigen, indem Jesus die Sache mit der Wange sagt.

Jesus

sagt: „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich aber

sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Übel, sondern: Wenn dich

jemand auf deine rechte Backe schlägt, dann biete ihm die andere auch dar.“

Der

jugendliche Gottesdienstbesucher kann es nicht fassen. Auch die anderen staunen:

Meint

der das ernst? Meint Jesus das wirklich ernst? Wie kann das sein?

Will

Jesus denn allen ernstes, das ich mich zum Opfer mache? Das ich mir alles

gefallen lassen muss, dass nur noch die Macht des Stärkeren zählt?

Wie

kann das sein?

Der

Jugendliche hat ja Recht: Wehrlos wird er schnell zum Opfer des Stärkeren: der

ihn beleidigen, bedrohen, schlagen kann. Soll ich dem Täter die andere Wange

hinhalten?

Echt

jetzt?

Dem

Jugendlichen habe ich gesagt, dass ich seine Frage teile. Diese Frage nicht

ernst zu nehmen, bedeutet die Opfer zu verhöhnen.

Jesus

fordert im Weiteren dazu auf seine Feinde zu lieben, die Brüder und Schwestern

zu lieben, ist keine Kunst, ist vergleichsweise einfach. Die Spitze ist seine

Forderung: „Seid vollkommen, wie Gott vollkommen ist.“

Und

nun?

Offensichtlich

traut Jesus mir zu, was für mich unvorstellbar ist: Vollkommenheit. Wohl zuerst

in der Liebe. Und: ich glaube, Jesus weiß, wen er vor sich hat. Kennt meine

Angst, mein Misstrauen, kennt den Wunsch nach Vergeltung. Und was ist jetzt mit

der anderen Wange? Ehrlich gesagt, ich weiß nicht wirklich, wie man aus der

Nummer rauskommt. Ich würde mich wahrscheinlich eher verteidigen, als die

andere Wange hinzuhalten. Lieben kann ich meinen Feind auch nicht. Wozu ich –

und auch das manchmal mühsam – bereit bin ist: ihn zu respektieren, nicht in dem,

was er tut, sondern weil er, oder sie, ein Geschöpf Gottes ist. Weil: wie Jesus

sagt: “Gott seine Sonne aufgehen lässt über Gute und Böse und regnen lässt über

Gerechte und Ungerechte.“

Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius

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  • 7.3.2023
  • Jönk Schnitzius
  • © CCO Pixabay
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