Guten Morgen!
Heute ist Brückentag. Einige haben ein langes Wochenende, andere freuen sich, morgen
einfach mal auszuschlafen. Denn morgen ist Feiertag.
An diesen
Feiertag denkt auch der Mönch Martin Luther vor über 500 Jahren. Er hat seine
95 Thesen zu Erneuerung der Kirche fertig und will, dass möglichst viele seine
Gedanken kennenlernen. Am 1. November ist Allerheiligen, da sind die Kirchen
sehr gut besucht. Also hängt er seine Thesen an die bedeutendste Kirche der
Stadt. Luther prangert die Kirchenvertreter an, die zu viel ans Geld denken und
zu wenig an den Glauben.
Die
Aufmerksamkeit bleibt nicht aus. Martin Luther tritt eine Lawine los, und legt
sich mit dem Papst an und darüber dann auch mit dem Kaiser. Der Papst will sich
das nicht bieten lassen und denkt: „Die geballte Macht von Kirche und Staat wird
wohl mit einem kleinen aufsässigen Mönch fertig werden.“
Luther soll
schließlich vor dem Reichstag und dem Kaiser seinen Irrtum eingestehen. Aber er
bleibt standhaft und weicht nicht von seiner Meinung ab: „Hier stehe ich und
kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen!“ So hat er sich sinngemäß geäußert.
Nur dem Wort
Gottes will er gehorchen, und das steht nun mal in der Bibel. Aber kaum jemand
kann damals die Bibel lesen. Die zornigen Handlanger des Kaisers sind nun
hinter Luther her. Doch sein Landesvater bringt ihn auf einer Burg, der
Wartburg, in Sicherheit. Dort hat Martin Luther nun viel Zeit. Und er nutzt
sie, um die Bibel ins Deutsche zu übersetzen. Er ist damit nicht der erste,
aber seine Übersetzung wird ein Renner. 1522, vor 500 Jahren, wird das Neue
Testament fertig, und man reißt die Blätter den fliegenden Händlern aus den
Händen.
Niemand kommt
nun an Luther vorbei. Doch in Rom hat man andere Sorgen:
Hat Michelangelo nun endlich alle Bilder in der Sixtinischen Kapelle fertig? (1)
Und wann geht
es mit dem Bau des Petersdoms weiter? (2)
Während
Luther auf der Wartburg sitzt, wird ein neuer Papst gewählt. Hadrian der
Sechste kommt aus Utrecht. Die Niederlande sind schon damals modern und
innovativ. Und so tut Hadrian, was vor ihm noch nie ein Papst getan hat. Er
gesteht ein, dass seine Kirche Fehler macht. (3)
Das wird ihm
wenig gedankt. Und er lebt nicht lange genug, um die Reformgedanken und die 95
Thesen zur Erneuerung der Kirche von Martin Luther aufzugreifen und sie für die
gesamte Kirche positiv zu nutzen. Später dann kommt es zur Trennung zwischen
der katholischen und den evangelischen Kirchen.
Heute ist
Reformationstag. 500 Jahre nachdem Luther die Bibel ins Deutsche übersetzt hat.
Für viele ist an diesem Tag vor Allerheiligen Brückentag. Das könnte ein Symbol
sein. Viele kleine Brücken werden immer wieder zwischen Evangelischen und
Katholischen gebaut.
Doch bis irgendwann
einmal eine tragfähige Brücke die christlichen Kirchen dauerhaft verbindet, werden
sich die Mitglieder auf allen Seiten noch viele Fehler eingestehen müssen.
Die Bibel hilft,
die gemeinsame Linie nicht aus dem Auge zu verlieren. Im Johannes-Evangelium
sagt Jesus: Die „zum Glauben an mich kommen, sollen alle untrennbar eins sein!“
(4)
Zum Glauben
an Christus kommen – das heißt auch, Fehler einzugestehen. Schuld zu bekennen.
Und dafür auch Verantwortung zu übernehmen. Keine Einheit ohne diese Aufgabe.
Einen
gesegneten Brückentag wünscht Ihnen Ihr Pfarrer Michael Nitzke aus Dortmund.
Quellen:
(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Michelangelo
(abgerufen 08.09.2022)
(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Petersdom
(abgerufen 08.09.2022)
(3) Volker Reinhardt: Luther, der Ketzer. Rom
und die Reformation. München 2016, Seite 193 ff.
(4) Aus Johannes-Ev. 17,20-21 nach der
Basis-Bibel.
Redaktion: Landespfarrerin
Petra Schulze
https://www.kirche-im-wdr.de/uploads/tx_krrprogram/59516_WDR3520221031Nitzke.mp3